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Kommentar

4 Dinge, die mich am Weltfrauentag nerven

Weltfrauentag Kritik
© Getty Images/Katya_Havok

Alljährlich wird am 8. März der internationale Weltfrauentag gefeiert. Während ich in meiner Studienzeit noch eifrig auf Frauenkampftags-Demonstrationen gegangen bin, frage ich mich langsam, ob wir diesen Tag überhaupt noch brauchen. Schadet ein solcher Aktionstag der Frauenbewegung am Ende mehr als er nützt? Die folgenden vier Aspekte rund um den Weltfrauentag gehen mir zumindest ziemlich auf die Nerven.

#1 Blumen verschenken

Mir war der Weltfrauentag lange Zeit als rein politischer Aktionstag bekannt, an dem für Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen demonstriert wird. Mittlerweile habe ich aber realisiert, dass dieser Eindruck wohl eher dadurch entstanden ist, weil ich lange Zeit in meiner linkspolitisch geprägten Blase gelebt habe. Seitdem ich nicht mehr nur von Feministinnen und Gender-Studies-Studenten umgeben bin, merke ich erst, wie der Weltfrauentag im Mainstream gefeiert wird: mit dem Verteilen von Blumen.

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In manchen Großstädten hat man am 8. März das Gefühl, es wäre Valentins- oder Muttertag, weil einem überall Frauen begegnen, die scheinbar in irgendeinem Einkaufszentrum eine Blume in die Hand gedrückt bekommen haben. Als ich das zum ersten Mal in Berlin wahrnahm, war ich richtig empört. Ich kann ja schon zum Valentinstag nichts mit Blumen anfangen, aber zum Weltfrauentag kann ich sie einfach nicht verstehen. Es geht doch schließlich nicht darum, Frauen zu ihrem Frausein zu beglückwünschen. Vielmehr ist der 8. März historisch ein politischer Aktionstag, an dem Frauen ihr Wahlrecht, faire Behandlung im Job und andere wichtige Errungenschaften erkämpft haben.

Erst später lernte ich allerdings, dass das Verschenken von Blumen an diesem Tag kein neues Phänomen ist. Schon in der DDR wurde der Weltfrauentag als eine Art alternativer Muttertag gefeiert – auch mit der Vergabe von Blumen. In vielen (ehemals) sozialistischen Ländern ist dies auch heute noch so: In Russland werden Frauen an diesem Tag traditionell reich beschenkt. Hier geht es eher darum, Frauen für ihre Arbeitskraft oder ihre Mutterrolle zu danken, während der Kampf um Gleichberechtigung in den Hintergrund tritt. Auf jeden Fall halte ich nichts davon, diese Tradition immer mehr zu etablieren.

#2 Lächerliche Werbeaktionen

Noch schlimmer als das Verschenken von Blumen finde ich die Werbeaktionen zum Weltfrauentag, die in den letzten Jahren zugenommen haben. Den Vogel hat 2018 wohl die Drogeriekette Rossmann abgeschossen: Am 8. März wurde die europaweit größte Filiale in Hannover in „Rossfrau“ umbenannt. In sozialen Medien folgten auch die zu erwartenden Scherze wie „Warum nicht gleich Stute?“ Auf unseren Facebook-Post zu dieser Meldung hagelte es ebenfalls zahlreiche kritische und zynische Kommentare: „Kann man sich nicht mal um die wirklich wichtigen Belange von Frauen kümmern?“ oder „'Genderneutraler Rossmensch, der sich nicht dem binären Geschlechtersystem unterordnen will' wäre trotzdem irgendwie lustig.“

Natürlich erregen solche Werbeaktionen Aufmerksamkeit, aber dient das wirklich den Firmen selbst und den Belangen des Weltfrauentags, wenn sich fast alle nur darüber lustig machen? Mir ist zumindest noch keine Frau begegnet, die sagt: „Toll, endlich setzt diese Firma mal ein Zeichen für Frauen!“ Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass es das war, was die Mitbegründerin des Weltfrauentags, Clara Zetkin, im Sinn hatte, als sie Anfang des 20. Jahrhunderts für die Gleichberechtigung von Frauen kämpfte.

Vor drei Jahren kam der Stiftehersteller Bic auf eine noch dämlichere Idee: Anlässlich des Weltfrauentags wurden spezielle pinke Kugelschreiber für Frauen an verschiedene Firmen geschickt. Das Team der Smoothie-Marke Innocent fand diese Aktion dermaßen unpassend, dass sie witzige Fotos von sich posteten, um deutlich zu machen: Frauen brauchen keine speziellen Stifte. Zusätzlich beweist ein männlicher Kollege, dass er nicht in der Lage ist, mit den pinkfarbenen Kugelschreibern zu schreiben.

#3 Ein einziger Tag für Frauenrechte

Bei diesen seltsamen Auswüchsen fragt man sich schon, ob ein Aktionstag für Frauen wirklich noch zeitgemäß ist. Wenn es heutzutage wirklich nur noch darum geht, sich selbst für das Frausein abzufeiern und von Männern Glückwünsche dafür einzuheimsen, finde ich den Tag absolut unnötig. Außerdem ist es doch, anders als noch vor etwa 10 Jahren, so, dass feministische Themen im Mainstream angekommen sind und kaum ein Tag vergeht, an dem in den Medien nicht über Gleichberechtigung im Job, Body Shaming oder #metoo berichtet wird. Damit möchte ich nicht sagen, dass das am 8. März nicht auch stattfinden soll. Ich denke nur, dass wir mittlerweile so weit sind, dass es keinen einzelnen Tag mehr bedarf, um auf wichtige Frauenthemen aufmerksam zu machen. Ich muss da auf jeden Fall der Feministin Alice Schwarzer zustimmen, die sich bereits vor 9 Jahren gegen den Weltfrauentag aussprach:

Schaffen wir ihn also endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März! Und machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen, Frauen wie Männer.
Alice Schwarzer

#4 Extra-Angebote nur für Frauen

Am Weltfrauentag finden natürlich nicht nur fragwürdige Werbeaktionen statt, sondern zum Beispiel auch eigene Jobmessen nur für Frauen. Mir ist bewusst, dass viele Frauen Events wie den Female Future Force Day oder Her Career für fortschrittlich halten, ich persönlich habe mich davon nie angesprochen gefühlt.

Warum ich mich mit einer solchen Idee unwohl fühlte, wurde mir klar, als ich den empfehlenswerten Kommentar von Barbara Bork und Maria Steinwender im Enorm-Magazin las. Auch sie fühlten sich von solchen Messen nicht angesprochen, weil hier ihrer Meinung nach Frauen schon von vornherein zu Opfern gemacht werden, die eine Spezialveranstaltung nötig haben:

Wer sich immer in Schutz nehmen lassen möchte, braucht sich auch nicht zu wundern, nicht ernst genommen zu werden. Was dabei herauskommt, ist nicht Befreiung, sondern ein verniedlichender Pseudo-Feminismus.
Barbara Bork und Maria Steinwender, Enorm-Magazin
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Nina Everwin

Ich will keine Spezialbehandlung am 8. März

Das letzte Zitat bringt sehr gut auf den Punkt, was mich an einem Großteil der Aktionen zum Weltfrauentag so stört. An diesem Tag soll gerne verstärkt auf veraltete Abtreibungs-Paragrafen und Regionen dieser Welt hingewiesen werden, in denen Frauen noch lange nicht die Rechte haben, die wir hierzulande genießen. Frauen am 8. März allerdings eine Spezialbehandlung zu geben und in den Himmel zu loben, verfehlt das, wofür die Mitbegründerin Clara Zetkin einst kämpfte: „Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte!“

Viele der Aktionen rund um den Weltfrauentag schießen am Ziel vorbei, weil sie den Feminismus ins Lächerliche ziehen. Ich bekomme dadurch das Gefühl, dass viele Kämpfe anscheinend schon ausgefochten sind und man sich nun nichtigen Kleinigkeiten widmet. 

Nina Everwin