Atmen ist ein natürlicher Prozess, über den wir selten nachdenken. Doch gerade in stressigen Situationen kann bewusstes Atmen einen enormen Unterschied machen. Wir zeigen dir Atemtechniken, mit denen du laut Experten zu innerer Ruhe findest.
Die Vorteile von Atemübungen
In Stresssituationen neigen wir dazu, flacher und schneller zu atmen. Für Menschen mit Angststörungen ein bekanntes Gefühl: Sorgenvolle Gedanken führen zu schneller Atmung, was die Angst verstärkt. Bei dieser flachen Atmung erhält das Gehirn weniger Sauerstoff – Benommenheit und Überforderung können die Folge sein.
Deshalb entscheiden sich immer mehr Menschen für sogenanntes Breathwork: einfache Atemübungen, die helfen können, Stress zu begrenzen und zu kontrollieren.
Breathwork-Experte Jamie Clements erklärt gegenüber dem britischen Magazin The Independent: „Tägliches Breathwork kann eine ganze Reihe von Vorteilen für unsere Gesundheit haben. Die Forschung hat die positiven Auswirkungen auf körperliche, mentale und emotionale Gesundheit nachgewiesen. Am besten dokumentiert ist der positive Einfluss einer täglichen Atempraxis auf Stress und Angst, da die Atmung uns dabei unterstützt, das Nervensystem in einen ausgeglicheneren Zustand zu versetzen.“
Clements rät deshalb in stressigen Alltagssituationen, die folgenden vier Atemübungen zu machen.
#1 Das Fundament: Atembewusstsein und funktionales Atmen
„Diese grundlegende Übung hilft dir, dich wieder mit deiner Atmung zu verbinden“, erklärt Clements gegenüber The Independent.
Wenn du noch nie eine Atemübung ausprobiert hast, ist Atembewusstsein ein guter erster Schritt. Es ermutigt dich zu beobachten, wie du atmest, und dann das Tempo und die Tiefe deiner Atmung zu kontrollieren.
So geht's:
- Setze oder lege dich bequem hin. Eine Hand auf der Brust, die andere auf dem Bauch.
- Beobachte deinen natürlichen Atem. Hebt sich deine Brust mehr als dein Bauch? Ist deine Atmung flach oder tief?
- Wechsle zur Zwerchfellatmung: Für vier Sekunden durch die Nase einatmen und den Bauch ausdehnen, dann für vier Sekunden ausatmen.
- Halte den Atem weich und mühelos, mit sechs bis zehn Atemzügen pro Minute.
In diesen Serien …
… geht es um mentale Gesundheit.
#2 Ruhe im Chaos finden: Verlängerte Ausatmung
„Die verlängerte Ausatmung hilft, dein Nervensystem zu beruhigen und ein Gefühl der Ruhe wiederherzustellen“, erklärt der Breathwork-Experte.
So geht's:
- Schließe deine Augen und atme durch die Nase für vier Sekunden ein.
- Dann langsam durch den Mund für sechs oder acht Sekunden ausatmen.
- Wiederhole dies, bis du spürst, wie die Anspannung nachlässt.
„Die verlängerte Ausatmung aktiviert dein parasympathisches Nervensystem, das für die ‚Ruhe und Verdauung‘-Reaktion verantwortlich ist“, erklärt Clements.
Wann anzuwenden: Besonders hilfreich in Momenten steigenden Stresses: Wenn dein Herz schneller schlägt, die Atmung flacher wird oder sich ein Gefühl der Überforderung einschleicht.
#3 Den Nebel lichten: Kraftvolles Atmen
„Diese Übung ist perfekt für den Morgen oder wenn du nachmittags in ein Energietief fällst“, sagt Clements. „Sie vertreibt mentale Müdigkeit und steigert die Konzentration.“
So geht's:
- Nimm kurze, kraftvolle Einatmungen und atme durch die Nase in gleichmäßigem Rhythmus aus.
- Ziele auf 20 bis 30 Atemzüge in schneller Folge (etwa ein Atemzug pro Sekunde).
- Pausiere mit einem tiefen, kontrollierten Atemzug und wiederhole für zwei bis drei Runden.
„Diese Praxis erhöht den Sauerstoffgehalt und stimuliert dein sympathisches Nervensystem“, so der Experte.
Wann anzuwenden: Ideal, um aus einem Tief herauszukommen, vor einem Meeting oder bei nachlassender Konzentration.
#4 Tiefer eintauchen: Bewusstes verbundenes Atmen
Clements erklärt: „Für eine tiefere emotionale Befreiung kann bewusstes verbundenes Atmen helfen, in dein Unterbewusstsein einzutauchen. Diese Art von Atemübungen kann hilfreich sein, wenn du dich festgefahren fühlst oder unsicher bist, wohin dein Leben führt.“
So geht's:
- Lege dich bequem hin und atme kontinuierlich durch den Mund, ohne Pausen zwischen Ein- und Ausatmung.
- Der Rhythmus sollte sich gleichmäßig und kreisförmig anfühlen.
- Beginne mit 10 bis 20 Minuten, setze eine Intention oder höre Musik dazu.
„Diese Technik kann ein verändertes Bewusstsein erzeugen und hilft, gespeicherte Emotionen zu lösen“, so der Experte.
Wann anzuwenden: Am besten, wenn du etwas Zeit für dich hast – für Momente der Reflexion oder um an emotionalen Blockaden zu arbeiten.
Wie oft sollte ich die Atemübungen machen?
Clements betont: „Jede dieser Techniken ist auf unterschiedliche Bedürfnisse zugeschnitten.“ Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Konsequenz – schon nach wenigen Wochen täglicher Praxis solltest du Veränderungen in deinem Stresslevel bemerken. Gönne dir diese kleinen Auszeiten im Alltag – dein Nervensystem wird es dir danken.