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Kommentar

Warum die Female Future Force ihr Ziel verfehlt

girl power

„Feminismus“. Ein großes Wort, mit dem im vergangenen Jahr ziemlich viel um sich geschmissen wurde. Feminismus ist Trend. In jedem Mode-Discounter kann man inzwischen Sweater kaufen, auf denen das Wort „Feminist“ prangt. Alles nur heiße Luft? Denn Gleichstellungsprobleme und Gender Pay Gap bestehen nach wie vor. Grund genug für mich, ein Event der „Female Future Force" zu besuchen.

Ich hoffe, auf der Veranstaltung gute Ideen und Tipps für meinen eigenen Karriereweg mitzunehmen und mich mit anderen Besuchern zu Themen rund um Erfolg im Job auszutauschen. Ich finde es wichtig, die Rolle der Frau in der Gesellschaft und insbesondere in der Arbeitswelt zu stärken.

Mein Besuch beim Female Future Force Event

Was ist eigentlich die Female Future Force? Das Netzwerk will Frauen dabei unterstützen, sich in ihrem Job und Leben zu verwirklichen. Die Events sollen zum Networking einladen und die Reden der eingeladenen Speaker inspirieren und motivieren. Karten für die Events kosten zwischen 25 und 190 Euro – ob es sich lohnt?

Ich gehe mit hohen Erwartungen zu der Veranstaltung in Köln und bin zugegebenermaßen schon nach wenigen Minuten sehr enttäuscht. Es gibt rosa Sekt zur Begrüßung, an den Wänden baumeln pastellfarbene Ballons und alles – inklusive dem Lillet-Stand im Innenhof – ist möglichst Instagram-tauglich dekoriert. An Make-up-Ständen warten schon voller Tatendrang Hostessen, um den Teilnehmerinnen den neuesten Lipgloss aufzutragen und am nächsten Stand kann ich mir ein T-Shirt der „Female Future Force“ kaufen. Eigentlich ist die Veranstaltung nicht anders als jede Beauty-PR-Lounge auf der Fashion Week.

Auch meine Hoffnung, dass die Speaker die Veranstaltung retten, wird leider nicht erfüllt. Im fünf Minuten Takt erzählen Frauen auf der Bühne halbherzig von ihren „herausragenden“ Leistungen. Da hat eine einen eigenen Fotoladen eröffnet. Und die nächste hat ein ehrenamtliches Projekt gegründet. Man beglückwünscht sich gegenseitig zu seinen Erfolgen. Zwischendurch stellt jemand aus dem Publikum eine Frage – einfach nur, um auch mal was gesagt zu haben. Und die Antwort lautet immer: „Ihr müsst einfach mutig sein! Habt keine Angst!“

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Wow. Dafür habe ich 25 Euro gezahlt? Frustriert hole ich mir noch zwei Drinks an der Bar – so hat sich der Eintrittspreis wenigstens ein bisschen gelohnt. Nach zwei Stunden gehe ich mit einem schlechten Gefühl von dieser Veranstaltung nach Hause. Ich habe mir mehr erhofft von der „Female Future Force“. Statt weichgespülter Kleinstadt-Geschichten würde ich gerne die großen Storys hören – vom Erfolg und vom Scheitern. Von Frauen in Führungspositionen, im Vorstand, in Männerdomänen. Ich möchte Diskussionen! Ich möchte echte Tipps. Statt dem hundertsten „Hab keine Angst!“, verratet uns doch lieber: Wie verhandle ich erfolgreich mein Gehalt? Wie gehe ich mit Sexismus am Arbeitsplatz um? Wie werde ich durchsetzungstärker? Wo finde ich passende Investoren für mein Business?

Feminismus – reine Frauensache?

Und mein größter Kritikpunkt: Mir fehlen in der Female Future Force die Männer! Das mag jetzt befremdlich klingen, aber der Feminismus wird nichts bewirken, bis er nicht auch in den Köpfen der Männer angekommen ist. Statt uns in unserer Rosa-Glitzer-Lipgloss-Welt gegenseitig Mut zuzusprechen, sollten wir als Frauen lieber in den Austausch gehen. Und zwar mit den Männern. Inspirierende Karrierestorys von Männern interessieren mich genauso, wie die von Frauen. Sie können mir auch weiterhelfen.

Ebenso können auch Männer von großartigen Frauen lernen – warum sind also keine Männer im Publikum? Genau hier zeigt sich nämlich das grundlegende Problem. Während wir hier „netzwerken“, unseren Lillet schlürfen und uns gegenseitig die „Angst“ zu nehmen versuchen, sitzt irgendwo eine Runde männlicher Vorstandsmitglieder gemeinsam am Tisch und schmiedet Geschäftspläne fürs nächste Jahr. Sie denken gar nicht daran, dass hier unter uns smarte, talentierte, hochqualifizierte Frauen sitzen, die ihre Runde um so viel Wissen und Können erweitern würden. Wie auch? Sie suchen wohl kaum auf Instagram nach dem passenden Hashtag.

Nadine Jungbluth

Mein Fazit: Noch ausbaufähig

Das Event hat mich nicht überzeugt. Es wurde mir viel zu viel über Angst (anscheinend sind wir Frauen alle unglaublich ängstlich?) und viel zu wenig über konkrete Tipps gesprochen.

Ich wünsche mir außerdem für die Zukunft, dass die Female Future Force (und andere ähnliche Netzwerke) ihr Konzept dahin weiterentwickeln, dass sie noch mehr Männer für sich gewinnen - als Speaker und als Besucher. Wir verurteilen die „Männer-Netzwerke“, die uns Frauen ausschließen. Warum machen wir dann den gleichen dummen Fehler und schließen die Männer aus? Sollten wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen und Netzwerke bilden, aus Männern und Frauen, die sich gegenseitig unterstützen, inspirieren und sich im Job und im Leben tatsächlich weiterbringen?

Natürlich verlangt das auch von Männern, dass sie sich für Frauen stark machen und Interesse an diesen wichtigen Themen zeigen. Denn Feminismus ist keine Frauensache. Feminismus ist Gesellschaftssache. Und unsere Gesellschaft besteht glücklicherweise aus zwei Geschlechtern. Vielleicht erlaube ich mir einfach mal den Spaß und hänge bei meinem nächsten H&M-Besuch die „Feminist“ Pullis an einen Ständer in der Männer-Abteilung. Da machen sie viel mehr Sinn.

Wie stehst du zum Thema Feminismus? Bezeichnest du dich selbst als Feministin oder nervt dich das Thema inzwischen? Verrate uns in den Kommentaren, wie deine Meinung dazu ist.

Nadine Jungbluth

Bildquelle: Unsplash/Kevin Grieve

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