Kennst du das auch? Du triffst deine alten Schulfreund*innen nach einiger Zeit wieder und plötzlich fühlst du dich wie früher – der schüchterne Typ, der Klassenclown oder die Vernünftige. Obwohl du dich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt hast, rutschst du automatisch in alte Verhaltensmuster zurück. Aber woran liegt das? Hier kommen sechs mögliche Gründe.
#1
Gemeinsame Erinnerungen aktivieren alte Verhaltensmuster
Sobald wir auf Menschen treffen, mit denen wir eine lange gemeinsame Geschichte haben, werden automatisch Erinnerungen und damit verbundene Verhaltensweisen aktiviert. Unser Gehirn verknüpft bestimmte Personen mit spezifischen Rollen und Dynamiken. Die Erinnerung an gemeinsame Erlebnisse lässt uns dann unbewusst in die Persönlichkeit zurückfallen, die wir damals waren. Dieser neuropsychologische Prozess funktioniert wie ein emotionales Zeitreisen – wir schlüpfen automatisch in unser früheres Ich.
#2
Fehlende neue Erfahrungen lassen uns im Gestern verharren
Wenn wir alte Freund*innen nach langer Zeit wiedertreffen, haben wir oft keine aktuellen, gemeinsamen Erlebnisse, auf die wir zurückgreifen können. Unsere Beziehung basiert hauptsächlich auf einem Fundament aus Erinnerungen, das Monate oder sogar Jahre alt ist. Ohne neue, gemeinsame Erfahrungen fehlt uns schlichtweg das „Material“ für eine weiterentwickelte Dynamik. Deshalb greifen wir automatisch auf das vertraute Repertoire von damals zurück – es ist das Einzige, was wir gemeinsam haben und was beide Seiten kennen. Die Freundschaft wird zur Zeitkapsel, in der nur die alten Muster existieren können.
#3
Unbewusste Erwartungshaltungen prägen unser Verhalten
Andere Menschen haben bestimmte Erwartungen an uns, die auf ihrer Erinnerung an unser früheres Selbst basieren. Gleichzeitig erwarten auch wir oft von unseren alten Freund*innen, dass sie sich so verhalten wie früher. Diese gegenseitigen Erwartungshaltungen schaffen einen unsichtbaren Druck, der uns dazu bringt, in alte Muster zurückzufallen. Wir möchten den Erwartungen entsprechen und die harmonische Atmosphäre aufrechterhalten, die wir mit diesen Menschen verbinden.
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#4
Emotionale Regression als Schutzmechanismus
In vertrauter Umgebung mit alten Freund*innen fühlen wir uns oft sicher genug, um emotionale Barrieren fallen zu lassen. Diese Entspannung kann dazu führen, dass wir in frühere Entwicklungsstufen zurückfallen – Psycholog*innen sprechen hier von emotionaler Regression. Besonders in stressigen Lebensphasen suchen wir unbewusst die Geborgenheit und Einfachheit vergangener Zeiten. Das Zurückfallen in alte Rollen kann deshalb auch eine Art emotionaler Zufluchtsort sein.
#5
Fehlende Kommunikation über persönliche Veränderungen
Oft versäumen wir es, unseren langjährigen Freund*innen mitzuteilen, wie sehr wir uns verändert haben. Sie kennen nur die Person, die wir früher waren, und haben keine Ahnung von unserer Weiterentwicklung. Ohne diese wichtigen Informationen über unser heutiges Selbst behandeln sie uns automatisch so, wie sie uns in Erinnerung haben. Eine offene Kommunikation über persönliches Wachstum und Veränderungen könnte diesen Automatismus durchbrechen.
#6
Der Wunsch nach Zugehörigkeit überschreibt Authentizität
Menschen haben ein fundamentales Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit. Bei alten Freundschaften ist dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit bereits etabliert – allerdings basierend auf unserem früheren Selbst. Um dieses wertvolle Gefühl nicht zu gefährden, passen wir uns oft unbewusst an die Erwartungen und Erinnerungen der Gruppe an. Die Angst, durch Veränderungen die Verbindung zu verlieren, lässt uns lieber in vertrauten Rollen verharren, als unsere authentische Persönlichkeit zu zeigen.
Echte Freundschaften sind mehr als nur Nostalgie!
Das Zurückfallen in alte Rollen ist zunächst völlig normal und menschlich. Entscheidend ist vielmehr, ob du dich dabei unwohl fühlst oder merkst, dass diese Dynamiken deiner persönlichen Entwicklung im Weg stehen. In diesem Fall solltest du dir ein Herz fassen und mit deinen Freund*innen über deine Veränderungen sprechen und ihnen zeigen, wer du heute bist. Vor allem dann, wenn ihr (wieder) mehr Kontakt habt.
Echte Freundschaften halten nämlich nicht nur Nostalgie aus, sondern auch Wachstum und Veränderung. Falls du jedoch merkst, dass bestimmte Freundschaften dich dauerhaft in eine Rolle drängen, die dir nicht mehr entspricht, ist es in Ordnung, diese Beziehungen zu überdenken oder sogar loszulassen. Denn denk immer daran: Deine persönliche Entwicklung sollte niemals unter alten Dynamiken leiden müssen.









