Für ein langes gesundes Leben ist es nicht nur sinnvoll, den Körper zu trainieren, sondern auch den Geist. Genauer gesagt, das Gehirn. Das ist kein pathetischer Spruch, sondern tatsächlich möglich. Unser Gehirn ist kein starres Organ – es verändert sich ein Leben lang. Forschende sprechen von Neuroplastizität: der Fähigkeit des Gehirns, neue Verbindungen zu schaffen, wenn wir uns geistig oder körperlich fordern. Doch wie ist das gezielt möglich?
Es ist leichter als du denkst und kann auch noch richtig Spaß machen, denn der Schlüssel zu einem Gehirn, das auch im Alter auf Hochtouren arbeitet, sind Hobbys. Das machen verschiedene Studien klar. Welche Hobbys besonders positive Effekte haben, zeigen wir dir hier.
#1 Tanzen
Es ist schwer, verschiedene Hobbys nach ihren positiven Effekten auf das Gehirn zu ranken. Würde man es tun, wäre es jedoch gut möglich, dass Tanzen sich den ersten Platz im Ranking sichert. Denn hier werden gleich mehrere Dinge, die sich positiv auf die Neuroplastizität des Hirns auswirken, kombiniert: Musik, Bewegung, soziale Interaktion und eine geistige Förderung durch das Lernen und Merken von Tanzschritten.
Eine Langzeitstudie der Universität Zürich zeigt, dass körperliche und soziale Aktivitäten die Dicke des entorhinalen Kortex erhalten, einer zentralen Hirnregion für das Gedächtnis. Diese Region ist bei Alzheimer oft früh betroffen. Die erst kürzlich erschienene Studie „Creative experiences and brain clocks“ bestätigt das. Sie hat sich die Gehirne von Tänzer*innen genauer angeschaut und hier die größten positiven Effekte gefunden. Ihre Gehirnstruktur ähnelt der von Menschen, die Jahre jünger sind.
#2 Musizieren
Ein Instrument zu spielen, ist kognitives Multitasking. Während Hände oder Stimme aktiv sind, müssen Rhythmus, Tonhöhe und Ausdruck gleichzeitig kontrolliert werden. Genau diese parallele Verarbeitung trainiert das Gehirn umfassend. Die Studie „Creative experiences and brain clocks“ zeigt, dass musikalisch aktive Menschen – egal ob sie singen, Klavier spielen oder komponieren – ein „biologisch jüngeres“ Gehirn besitzen als Nicht-Musiker*innen. Kreative Beschäftigungen wie Musik regen laut den Forschenden Netzwerke in Stirn- und Schläfenlappen an, die mit Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Emotion verknüpft sind.
Auch eine Studie der University of California bestätigt den Effekt: Ältere Erwachsene, die musizierten oder ein neues Instrument lernten, verbesserten über Monate hinweg ihr Arbeitsgedächtnis und ihre kognitive Kontrolle – und dieser Gewinn blieb sogar ein Jahr später messbar. Musik wirkt also wie ein mentales Ganzkörpertraining: Sie aktiviert, fordert und vernetzt das Gehirn und hält es so langfristig beweglich.
#3 Künstlerische Hobbys
Kreative Tätigkeiten sind weit mehr als ein schöner Zeitvertreib. Sie fördern die sogenannte exekutive Funktion – also die Fähigkeit, zu planen, flexibel zu denken und sich zu konzentrieren. In der Studie „Creative experiences and brain clocks“ wurde festgestellt, dass regelmäßiges Malen, Schreiben oder Handarbeiten messbar mit einer langsameren Alterung der Gehirnstruktur einhergeht. Die Forschenden sprechen auch hier von einer „Verjüngung der neuronalen Uhr“, also einem biologisch jüngeren Gehirn bei gleichem Lebensalter.
Die bereits erwähnte Studie der Universtiy of California zeigt, dass ältere Erwachsene, die mehrere kreative Fähigkeiten gleichzeitig lernten – etwa Zeichnen, Musikkomposition oder digitales Design –, innerhalb weniger Monate signifikante kognitive Verbesserungen erzielten. Kunst aktiviert nicht nur motorische und visuelle Areale, sondern auch emotionale Netzwerke. Wer malt, modelliert oder schreibt, trainiert gleichzeitig Vorstellungskraft, Geduld und emotionale Regulation: Fähigkeiten, die das Gehirn langfristig resilient halten.
#4 Videospiele
Von wegen, Zocken macht dumm! Bestimmte Spiele können tatsächlich einen positiven Effekt auf das Gehirn haben. Insbesondere sogenannte Exergames. Das sind Videospiele, die körperliche Bewegung mit spielerischen Elementen kombinieren – etwa Tanzspiele, virtuelle Angelwettbewerbe oder Fitnessübungen mit Bewegungssensoren.
Forschende der Universität Paderborn konnten zeigen, dass Exergames bei älteren Menschen messbare Aktivierungen im präfrontalen Kortex auslösen, also genau in jenen Bereichen, die für Planung, Aufmerksamkeit und Entscheidungsfindung zuständig sind. Die EEG-Messungen belegten, dass das Spielen nicht nur die körperliche Fitness verbessert, sondern auch kognitive Prozesse anregt. Besonders interessant: Die Kombination aus Bewegung, Koordination und Spaß motiviert Menschen dazu, länger aktiv zu bleiben.
Aber auch andere Videospiele sind deutlich besser als ihr Ruf. In der bereits viel zitierten Studie „Creative experiences and brain clocks“ lernten einige Probanden das Strategiespiel Starcraft II zu spielen und zeigten schon nach wenigen Wochen eine gesteigerte Hirnaktivität in Bereichen, die für Wahrnehmung und Aufmerksamkeit zuständig sind.
#5 Sprachen lernen
Eine neue Sprache zu lernen, ist ein Hochleistungstraining für das Gehirn. Beim Merken neuer Vokabeln und Grammatikregeln werden Sprach- und Gedächtnisareale intensiv verknüpft. In der Studie der University of California verbesserten ältere Erwachsene durch das parallele Lernen mehrerer Fähigkeiten – darunter auch eine Fremdsprache – ihre Gedächtnisleistung signifikant, und zwar über ein Jahr hinweg
Das Gehirn reagiert auf sprachliches Lernen besonders plastisch: Neue neuronale Verbindungen entstehen, vorhandene werden gestärkt. Diese Effekte ähneln denen, die man von professionellen Musiker*innen oder Vielreisenden kennt – Menschen, die ständig neue Reize verarbeiten.
#6 Soziale Hobbys
Geselligkeit ist weit mehr als gute Laune – sie ist neuroprotektiv. Die Zürcher Langzeitstudie über sieben Jahre ergab, dass ältere Menschen, die regelmäßig soziale Aktivitäten pflegen, weniger Abbau im Gedächtniszentrum zeigen und länger geistig fit bleiben. Dabei ist es egal, ob du in einem Sportverein bist oder mit Freund*innen Karten spielst.
Der Grund liegt im Zusammenspiel von Emotion und Kognition: Gespräche, Empathie und gemeinsame Erlebnisse fordern das Gehirn ähnlich stark wie komplexes Lernen. Sie fördern Aufmerksamkeit, Sprachverständnis und emotionale Regulation – Fähigkeiten, die mit zunehmendem Alter besonders wichtig sind.
#7 Lesen
Lesen dürfte wohl das Hobby sein, das uns bei Gehirnaktivität als Erstes einfällt. Zurecht! Entsprechend darf es auf dieser Liste nicht fehlen. Denn Lesen ist mehr als Entspannung – es ist ein komplexer geistiger Prozess, der Aufmerksamkeit, Vorstellungskraft und Sprachverarbeitung gleichzeitig aktiviert. Eine groß angelegte Studie der Yale University zeigt, dass regelmäßiges Lesen von Büchern nicht nur mit besserer kognitiver Leistung, sondern auch mit einer längeren Lebenserwartung verbunden ist.
Die Forschenden analysierten Daten von über 3.600 Erwachsenen über zwölf Jahre und fanden heraus: Menschen, die regelmäßig Bücher lasen, hatten eine 20 % geringere Sterblichkeitsrate als Nichtleser*innen – unabhängig von Bildung, Einkommen oder Gesundheit. Der Effekt trat ausschließlich bei Büchern auf, nicht bei Zeitungen oder Magazinen. Entscheidend ist offenbar die Art der geistigen Auseinandersetzung: Beim Lesen komplexer Texte werden verschiedene Gehirnareale vernetzt, was langfristig Denkflexibilität und Gedächtnisleistung stärkt.
Hauptsache Hobby!
Du wirst vielleicht schon gemerkt haben: So gut wie jedes Hobby kommt auf dieser Liste vor. Selbst wenn du dein Hobby hier nicht findest, sind die Chancen also groß, dass es einen positiven Effekt auf dein Gehirn hat. Wichtig ist, dass du einer Tätigkeit nachgehst, bei der du regelmäßig etwas Neues lernst, die mehrere Gehirnareale verbindet und bei der du Spaß hast. Bonuspunkte gibt es, wenn es ein soziales Hobby ist, das dich mit anderen Menschen verbindet.
Und das beste: Auch wenn du gerade noch keinem Hobby nachgehst, ist es dafür nie zu spät. Du kannst auch dann noch von den positiven Effekten profitieren, wenn du erst im Alter deine neue Leidenschaft entdeckst. Damit unterziehst du dein Gehirn quasi einer Art Verjüngungsprogramm. Warum regelmäßig lernen nicht nur für das biologische Alter von Vorteil ist, sondern auch glücklicher macht, erklären wir hier.










