Kennst du das Gefühl, in Gesprächen nie die richtigen Worte zu finden oder dich in Gruppen fehl am Platz zu fühlen? Damit bist du nicht allein. Es gibt viele Menschen, die sich in sozialen Situationen etwas schwerer tun als andere. Solche Social Skills sind tatsächlich keine angeborene Gabe, sondern entwickeln sich häufig durch Erfahrungen und Vorbilder in der Kindheit.
Heißt: Manchmal liegen die Wurzeln für soziale Unsicherheiten in gut gemeinten, aber ungünstigen Erziehungsmustern. Das bedeutet nicht, dass du deine Eltern gleich sofort in Grund und Boden schimpfen sollst. Nein, die folgenden Punkte sollen dir vielmehr dabei helfen zu verstehen, woher bestimmte Schwierigkeiten eventuell kommen, um sie dann gezielt anzugehen.
#1
Überbehütung statt Eigenständigkeit
Eltern, die ihre Kinder vor jedem Konflikt und jeder Enttäuschung bewahren wollen, bewirken oft das Gegenteil dessen, was sie erreichen möchten. Sie mischen sich in Freundschaften ein, schlichten jeden Streit mit Geschwister*innen sofort und lösen Probleme, bevor das Kind selbst eine Chance hat, damit umzugehen.
Falls deine Eltern so gehandelt haben, konntest du nie eigene Strategien für den Umgang mit sozialen Herausforderungen entwickeln. Deshalb fehlt dir heute möglicherweise die Übung, Konflikte selbst zu lösen oder dich in schwierigen zwischenmenschlichen Situationen zu behaupten.
#2
Soziale Isolation als „Schutz“
Manche Eltern schränken den sozialen Kreis ihrer Kinder stark ein – aus Angst vor schlechten Einflüssen oder aus übertriebener Vorsicht. Spielverabredungen müssen „pädagogisch wertvoll“ sein, spontane Treffen sind eher ungünstig und bestimmte Kinder gelten als „ungeeigneter Umgang“.
Wenn du so aufgewachsen bist, warst du sozusagen wichtiger sozialer Experimente beraubt. Das Agieren in verschiedenen Gruppen, das Kennenlernen unterschiedlicher Persönlichkeiten und auch das Klarkommen mit weniger kompatiblen Menschen – all das sind Fähigkeiten, die nur durch Erfahrung entstehen können.
#3
Mangelnde Vorbilder im eigenen Zuhause
Kinder lernen soziales Verhalten hauptsächlich durch Beobachtung und Nachahmung. Sind die Eltern selbst sehr zurückgezogen, meiden gesellschaftliche Anlässe oder haben offensichtliche Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen, übernehmen Kinder oft diese Muster. Ständige negative Kommentare über Nachbar*innen, Kolleg*innen oder Bekannte zum Beispiel können zudem vermitteln, dass andere Menschen grundsätzlich problematisch sind.
Ohne positive Vorbilder für Smalltalk, Empathie oder konstruktive Kommunikation hast du diese Fertigkeiten möglicherweise nie richtig erlernen können.
Wie streitet man richtig?
Bestimmte Erziehungsmuster von früher können auch dazu beigetragen haben, dass es dir heute schwerfällt, richtig zu streiten. Im Video findest du hilfreiche Tipps.
#4
Leistung über alles andere
In manchen Familien zählen nur schulische oder sportliche Erfolge, während soziale Fähigkeiten als Zeitverschwendung betrachtet werden. Sätze wie „Du bist hier nicht zum Spielen, sondern zum Lernen“ oder „Freunde lenken dich nur ab“ prägen den Alltag.
Diese einseitige Fokussierung auf messbare Leistungen lässt jedoch wenig Raum für die Entwicklung emotionaler Intelligenz. Wenn du so aufgewachsen bist, hast du gelernt, dass dein Wert von Noten und Erfolgen abhängt – nicht von deiner Fähigkeit, mit Menschen zu interagieren und Beziehungen aufzubauen.
#5
Der Umgang mit Emotionen wird vermieden
Familien, in denen Gefühle als „Schwäche“ gelten oder immer rationalisiert werden müssen, hinterlassen oft Menschen, die Schwierigkeiten mit emotionaler Kommunikation haben. Aussagen wie „Sei nicht so empfindlich“ oder „Darüber reden wir nicht“ sorgen dafür, dass Kinder nie lernen, ihre eigenen Emotionen zu verstehen und auszudrücken.
Falls du in einem solchen Umfeld aufgewachsen bist, fällt es dir heute also möglicherweise schwer, die Gefühle anderer zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Echte Verbindungen entstehen aber durch emotionale Offenheit und Verständnis.
Das Gute ist:
Wie bereits gesagt: Diese Erkenntnisse sollen keine Schuldzuweisungen sein, sondern dir helfen zu verstehen, warum bestimmte soziale Situationen für dich vielleicht schwierig sind. Und die gute Nachricht: Social Skills lassen sich in jedem Alter erlernen und verbessern.
Wie? Beginne am besten mit kleinen Schritten. Führe zum Beispiel bewusst Smalltalk, höre anderen aktiv zu und übe dich darin, deine Gefühle zu benennen. Therapeutische Unterstützung kann natürlich ebenfalls dabei helfen, alte Muster zu durchbrechen und neue, gesündere Kommunikationsstrategien zu entwickeln.
Denn denk immer daran: Kein Mensch ist perfekt und soziale Kompetenz ist ein lebenslanger Lernprozess ist. Hab also Geduld mit dir selbst und feiere kleine Fortschritte – sie summieren sich letztlich zu großen Veränderungen.








