Kleiner Spoiler vorweg: Ich gehöre nicht dazu. Im Gegenteil: Ich bin die Art von Mensch, die du an einem entspannten Sonntagmorgen auf dem Sofa parken und ein paar Stunden später genau in der Position wieder abholen kannst – ohne schlechtes Gewissen. Und aktuell gleicht mein Energielevel sowieso dem eines Murmeltiers, das dringend auch mal einen Winterschlaf gebrauchen könnte. Ich bin also Profi im gelegentlichen Nichtstun. Vor allem dann, wenn ich das Gefühl habe, dass mein Akku leer ist und ich diese kleine Ruhephase gerade wirklich gut gebrauchen kann.
Doch ich habe das Gefühl, dass viele Menschen sich diese „Auszeit“ nicht gönnen und ihre freie Zeit stattdessen so vollstopfen, dass sie kaum noch zum Durchatmen kommen. Ja, ein paar dieser Kandidat*innen kenne ich sogar ganz genau! Und ich frage mich, warum das so ist. Warum macht viele Menschen der Stillstand so nervös? Ein paar mögliche Gründe kommen jetzt!
#1
Sie verbinden Produktivität mit ihrem Selbstwert
Viele Menschen haben gelernt, ihren Wert über Leistung zu definieren. Nur wenn sie etwas schaffen, erreichen oder erledigen, fühlen sie sich wertvoll und anerkannt. Nichtstun wird dann als Zeitverschwendung empfunden, fast schon als persönliches Versagen. Diese Denkweise entsteht oft schon in der Kindheit, wenn Lob hauptsächlich für Erfolge und erledigte Aufgaben kommt. Das Problem: Der eigene Selbstwert wird dadurch an äußere Faktoren geknüpft, statt an die Person selbst.
#2
Sie haben Angst vor ihren eigenen Gedanken
Sobald wir zur Ruhe kommen, haben unsere Gedanken Raum. Für Menschen, die mit ungelösten Konflikten, Sorgen oder unangenehmen Emotionen kämpfen, kann das bedrohlich wirken. Ablenkung durch ständige Beschäftigung funktioniert dann wie ein Schutzmechanismus. Statt sich mit dem auseinanderzusetzen, was innerlich gerade los ist, wird die äußere Welt zur Flucht genutzt. Diese Vermeidungsstrategie mag kurzfristig Erleichterung bringen, verhindert aber langfristig echte Verarbeitung.
#3
Ihr Belohnungssystem verlangt nach dem nächsten Kick
Jedes Mal, wenn wir eine Aufgabe abhaken, eine Nachricht checken oder etwas Neues entdecken, schüttet unser Gehirn Dopamin aus. Dieser Botenstoff vermittelt uns ein angenehmes Gefühl von Belohnung und Erfüllung. Mit der Zeit gewöhnt sich das Gehirn an diese regelmäßigen kleinen Kicks. Bleibt die Dopaminausschüttung in ruhigen Momenten aus, empfinden wir das als unbefriedigend oder sogar langweilig. Das Gehirn verlangt förmlich nach der nächsten Aktivität, um wieder dieses gute Gefühl zu erleben.
#4
Sie fürchten, etwas zu verpassen
Die Angst, nicht auf dem neuesten Stand zu sein oder wichtige Gelegenheiten zu versäumen, treibt viele Menschen an. Stichwort: FOMO (Fear of Missing Out). Nichtstun bedeutet auf der anderen Seite für sie, die Kontrolle abzugeben und möglicherweise den Anschluss zu verlieren. Besonders in unserer vernetzten Welt, wo ständig irgendwo etwas passiert, verstärkt sich dieses Gefühl. Die Vorstellung, andere könnten produktiver sein oder mehr erleben, erzeugt inneren Druck.
#5
Sie brauchen das Gefühl von Kontrolle
Aktivität vermittelt uns das beruhigende Gefühl, unser Leben aktiv zu gestalten und Einfluss nehmen zu können. Wer handelt, plant und organisiert, hat das Empfinden, die Dinge im Griff zu haben. Im Nichtstun müssen wir hingegen akzeptieren, dass vieles auch ohne unser Zutun geschieht. Für Menschen mit einem starken Kontrollbedürfnis ist das schwer auszuhalten. Die Stille konfrontiert sie mit der Tatsache, dass sie nicht alles steuern können. Dieser Kontrollverlust erzeugt Unbehagen, weshalb sie lieber in Aktion bleiben.
Wie reagierst du auf Kontrollverlust?
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#6
Ihr Körper ist an ständige Aktivität gewöhnt
Wer über Jahre hinweg ein hohes Tempo gelebt hat, trainiert seinen Körper regelrecht auf Dauerstress. Das Nervensystem bleibt in erhöhter Alarmbereitschaft, Stresshormone wie Cortisol werden kontinuierlich ausgeschüttet. Diese Konditionierung lässt sich nicht von heute auf morgen rückgängig machen. Ruhe fühlt sich dann ungewohnt an, manchmal sogar bedrohlich. Der Körper hat verlernt, in den Entspannungsmodus zu schalten und sendet stattdessen Signale, dass etwas „nicht stimmt“, wenn keine Aktivität stattfindet.
#7
Sie glauben, Pausen seien ein Zeichen von Schwäche
In vielen Arbeitskulturen und sozialen Umfeldern wird Durchhaltevermögen glorifiziert. Wer pausiert, gilt als weniger belastbar oder engagiert. Diese Überzeugung kann sich tief einprägen und dazu führen, dass Menschen sich selbst keine Erholung gönnen. Sie interpretieren Ruhephasen als Faulheit statt als notwendige Regeneration. Besonders perfektionistische Persönlichkeiten kämpfen oft mit dieser Denkweise. Dabei zeigen wissenschaftliche Studien immer wieder, wie essenziell echte Pausen für unsere Leistungsfähigkeit und mentale Gesundheit sind.
Wenn du dich in den Punkten wiederfindest, denk immer daran:
Also eines direkt mal vorweg: Diese Punkte sollen jetzt natürlich kein Anreiz dafür sein, ab sofort faul zu werden und einfach gar nichts mehr zu machen. Nein, sie sollen lediglich zeigen, wie wichtig bewusste Pausen sind und dass Nichtstun verdammt wichtig für dein Wohlbefinden sein kann. Wenn du dir das bisher also noch nicht so wirklich gegönnt hast, versuche ab sofort einfach mal, bewusst kleine Momente der Ruhe in deinen Alltag einzubauen.
Beginne zum Beispiel nur mit fünf Minuten, in denen du einfach mal nichts tust: kein Smartphone, keine To-dos abhaken, keine Ablenkung. Wie fühlt sich das an? Oder wenn das nächste Mal FOMO aufkommt, obwohl du gerade echt 'ne Pause gebrauchen könntest, reflektiere mal ganz ehrlich, wie schlimm es wirklich wäre, wenn du das Event jetzt verpasst. Oft ist es nämlich weniger dramatisch, als das Gefühl es suggeriert.
Es ist einfach wichtig, dass du erkennst, dass Nichtstun nicht nichts tun ist. Es ist aktive Selbstfürsorge und gibt deinem Körper und Geist die Chance zur Regeneration, die beide dringend brauchen. Also, lass es zu!










