Kennst du das auch? Der Tag war lang, du liegst im Bett, machst deinen Lieblings-True-Crime-Podcast an und lauschst den Erzählungen über Mord und Totschlag, bis deine Augen schwer werden. Ich bin da ganz bei dir – und wir sind nicht allein. True Crime zum Einschlafen ist mittlerweile ein echtes Phänomen. Aber was sagt es eigentlich über uns aus, wenn wir mit Mordgeschichten zur Ruhe kommen?
#1
Du hast ein überdurchschnittliches Bedürfnis nach Kontrolle
Wenn du regelmäßig mit True Crime einschläfst, könnte das auf ein ausgeprägtes Kontrollbedürfnis hindeuten. Das wiederholte Hören von Kriminalfällen, besonders solchen, die aufgeklärt wurden, vermittelt dir ein Gefühl von Ordnung. In einer Welt voller Unsicherheiten bieten gelöste Fälle eine befriedigende Struktur: Verbrechen, Ermittlung, Auflösung. Du schätzt diese Vorhersehbarkeit, während der Inhalt selbst spannend genug bleibt, um dich zu fesseln. Im Alltag bist du vermutlich jemand, der gerne plant und unangenehme Überraschungen vermeiden möchte.
#2
Du bist empathisch und emotional intelligent
Es mag paradox klingen, aber True-Crime-Fans sind oft besonders empathische Menschen. Du interessierst dich für die menschliche Psyche und kannst dich in verschiedene Perspektiven hineinversetzen – sowohl in die Opfer als auch manchmal in die Täter*innen. Diese Fähigkeit zur emotionalen Perspektivübernahme zeigt eine hohe emotionale Intelligenz. Du versuchst zu verstehen, was in Menschen vorgeht, die zu extremen Handlungen fähig sind, und das hilft dir, die Komplexität menschlichen Verhaltens besser zu begreifen. Diese Neugierde für psychologische Zusammenhänge spiegelt sich wahrscheinlich auch in deinen alltäglichen Beziehungen wider.
#3
Du bereitest dich mental auf das Schlimmste vor
In der Psychologie nennt man es „präventives Coping“: Wir beschäftigen uns mit schrecklichen Szenarien, um uns mental darauf vorzubereiten. Wenn du True Crime zum Einschlafen konsumierst, trainierst du unbewusst deine Reaktion auf bedrohliche Situationen. Es ist eine Art mentale Simulation: „Was würde ich tun, wenn …?“ Die meisten True-Crime-Hörer*innen – insbesondere Frauen – geben an, dass sie durch die Formate potenzielle Gefahrensituationen besser erkennen und vermeiden können. Die Studie von Vicary und Fraley (2010), Captured by True Crime: Why are women drawn to tales of rape, murder, and serial killers?, bestätigt dieses Motiv: Frauen konsumieren True Crime häufig, um sich vor potenziellen Tätern zu schützen.
#4
Du suchst nach Grenzerfahrungen in sicherer Umgebung
Was True Crime so faszinierend macht, ist die Möglichkeit, in dunkle Abgründe zu blicken, ohne selbst in Gefahr zu sein. Du kannst die angsteinflößenden Aspekte menschlichen Verhaltens erkunden, während du sicher in deinem Bett liegst. Diese Kombination aus Nervenkitzel und Sicherheit ist psychologisch besonders reizvoll. Ich kenne das Gefühl: Man ist gleichzeitig aufgeregt und entspannt, ein seltsamer, aber angenehmer Zustand. Neurowissenschaftler*innen haben nachgewiesen, dass der Körper bei angsteinflößenden, aber letztlich ungefährlichen Erfahrungen Adrenalin und anschließend beruhigende Endorphine ausschüttet. Dieser biochemische Cocktail kann tatsächlich entspannend wirken und den Schlaf fördern.
#5
Du suchst nach Sinnhaftigkeit in einer chaotischen Welt
True Crime zum Einschlafen könnte auch bedeuten, dass du ein starkes Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit hast. In einer oft chaotischen Welt bieten diese Geschichten eine klare moralische Struktur: Es gibt (meist) eine Aufklärung, Gerechtigkeit und Konsequenzen. Daher könnten besonders Menschen mit einem starken Gerechtigkeitssinn von True Crime angezogen werden. Du schätzt vermutlich Klarheit und moralische Eindeutigkeit, auch wenn die Geschichten selbst düster sind.
Unser Ratschlag
Die Balance macht's!
Deine Vorliebe für True Crime zum Einschlafen ist aus psychologischer Sicht völlig normal und sogar nachvollziehbar. Es ist eine Art, mit Ängsten umzugehen, statt sie zu verdrängen. Dennoch solltest du auf eine gesunde Balance achten: Wenn die Inhalte zu Albträumen führen oder deine Angst im Alltag verstärken, gönn dir eine Pause.
Achte außerdem auf qualitativ hochwertige Formate, die respektvoll mit den Schicksalen der Opfer umgehen und nicht auf reine Sensationslust setzen. Die besten True-Crime-Podcasts und -Dokumentationen beleuchten auch gesellschaftliche und psychologische Hintergründe, sodass du tatsächlich etwas lernen kannst. Aus eigener Erfahrung kann ich den Podcast „Mordlust“ von Paulina Krasa und Laura Wohlers wärmstens empfehlen – sie halten journalistische Standards ein und stecken viel Sorgfalt in ihre Recherche.
Und nicht zuletzt: Sei offen für Abwechslung in deinen Einschlafritualen. So faszinierend True Crime auch sein mag – manchmal tut es gut, eine Auszeit von Mord und Totschlag zu nehmen. Ich selbst schalte ab und zu mal um auf eine Folge der „Drei ???“ – immer noch spannend, aber definitiv weniger angsteinflößend als die Realität. Dein Gehirn wird dir diese kleine Verschnaufpause danken!