Eine Fehlgeburt ist ein tief erschütterndes Erlebnis, das Trauer, Schmerz und oft auch Schuldgefühle mit sich bringt. Wenn wir einer betroffenen Freundin, Partnerin, Kollegin oder Familienangehörigen zur Seite stehen wollen, meinen wir es meist gut mit unseren Worten. Doch manche Sätze, so gut sie auch gemeint sein mögen, können den Schmerz noch verstärken, statt Trost zu spenden ...
#1
„Wenigstens weißt du jetzt, dass du schwanger werden kannst.“
Dieser Satz mag sachlich richtig sein, doch er ignoriert den aktuellen Schmerz der Betroffenen vollständig. Eine Frau, die gerade ihr erhofftes Baby verloren hat, trauert nicht um die Fähigkeit, schwanger zu werden. Sie trauert um dieses spezifische Kind, um die bereits entstandene Bindung und die zerplatzten Zukunftsträume. Der Satz reduziert die Fehlgeburt auf eine Art medizinischen Test und verkennt die emotionale Tiefe des Verlusts. Für viele Frauen fühlt es sich an, als würde ihr Schmerz als übertrieben oder unberechtigt abgetan.
Unser Lesetipp: Das Buch „Gute Hoffnung, jähes Ende“ bietet einfühlsame Worte und Rituale für Betroffene, aber auch für Angehörige, um den Verlust anzuerkennen und zu verarbeiten.
#2
„Es war sicher noch nicht der richtige Zeitpunkt.“
Mit diesem Satz versuchen wir oft, dem Verlust einen Sinn zu geben oder ihn in einen größeren Plan einzuordnen. Doch für die betroffene Frau kann es sich anfühlen, als würde ihr Verlust bagatellisiert oder als schicksalhaft richtig dargestellt. Niemand kann beurteilen, wann der „richtige“ Zeitpunkt für ein Kind ist, und der Versuch, die Fehlgeburt als irgendwie „passend“ oder „notwendig“ darzustellen, verkennt die Realität des Schmerzes. Zudem kann dieser Satz unterschwellig Schuld implizieren, etwa dass die Frau selbst etwas falsch gemacht hätte oder die Umstände nicht gestimmt hätten.
#3
„Du kannst ja noch mal schwanger werden.“
Auch wenn dieser Satz hoffnungsvoll gemeint ist, reduziert er das verlorene Kind auf etwas Austauschbares. Ein neues Kind würde niemals das verlorene ersetzen können. Jede Schwangerschaft, jedes Baby ist einzigartig und unersetzlich. Dieser Satz signalisiert ungewollt, dass die Betroffene „einfach weitermachen“ und die Trauer schnell abhaken sollte. Außerdem weiß niemand, ob eine erneute Schwangerschaft möglich oder gewünscht ist, oder ob die Angst vor einer weiteren Fehlgeburt nicht überwältigend wäre. Die Aussage ignoriert die Gegenwart und drängt die Frau in eine Zukunft, für die sie emotional möglicherweise noch gar nicht bereit ist.
#4
„So etwas passiert häufiger, als du denkst.“
Statistiken mögen Fakten liefern, aber sie spenden keinen Trost. Die Tatsache, dass Fehlgeburten statistisch häufig vorkommen, macht den individuellen Verlust nicht weniger schmerzhaft. Im Gegenteil: Viele Frauen fühlen sich durch solche Aussagen in ihrer Trauer nicht ernst genommen oder als würden sie überreagieren. Der Satz vermittelt unterschwellig die Botschaft „Das ist normal, also solltest du damit klarkommen“, was zusätzlichen Druck erzeugt. Jede Frau hat das Recht auf ihre individuelle Trauer, unabhängig davon, wie häufig Fehlgeburten vorkommen.
#5
„Es war vielleicht besser so, wenn etwas nicht in Ordnung war.“
Dieser Satz ist besonders problematisch, weil er impliziert, dass das verlorene Kind weniger wertvoll oder „fehlerhaft“ gewesen wäre. Selbst wenn medizinische Gründe für die Fehlgeburt vorlagen, entscheidet das nicht darüber, wie tief die emotionale Bindung der Mutter war. Die Aussage kann außerdem massive Schuldgefühle auslösen, etwa die Frage, ob der eigene Körper „versagt“ hat. Niemand außer der betroffenen Frau kann beurteilen, was für sie „besser“ ist. Solche Bemerkungen klingen oft wie ein Versuch, die Fehlgeburt rational zu rechtfertigen, ignorieren aber die emotionale Realität des Verlusts vollständig.
So reagierst du einfühlsam
Nach einer Fehlgeburt brauchen Frauen vor allem eines: echte Anteilnahme ohne Relativierung. Statt zu versuchen, den Schmerz wegzuerklären oder schnelle Lösungen anzubieten, ist es wichtiger, einfach da zu sein. Sätze wie „Es tut mir so leid für deinen Verlust“ oder „Ich bin für dich da, wann immer du mich brauchst“ zeigen echtes Mitgefühl. Höre zu, ohne zu urteilen oder zu bewerten, und erkenne die Trauer als berechtigt an. Wenn du unsicher bist, was du sagen sollst, ist es völlig in Ordnung, das auch auszusprechen: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber ich bin hier für dich.“ Manchmal ist stille Präsenz wertvoller als jedes Wort, und praktische Hilfe im Alltag kann in dieser Phase ebenfalls eine große Unterstützung sein.







