Der Wunsch, eine gute Mutter oder ein guter Vater zu sein, ist völlig natürlich. Wir möchten unseren Kindern die besten Voraussetzungen schaffen, sie fördern und ihnen ein schönes Leben ermöglichen. Doch während wir uns bemühen, alles richtigzumachen, passiert es schnell, dass wir über das Ziel hinausschießen. Perfektionismus in der Erziehung kann sich auf verschiedene Weisen zeigen und dabei sowohl uns als auch unsere Kinder unter Druck setzen. Diese fünf Fallen sind besonders verbreitet:
#1
Jeden Konflikt aus dem Weg räumen
Perfektionistische Eltern neigen dazu, ihre Kinder vor jeder unangenehmen Situation beschützen zu wollen. Ein Streit auf dem Spielplatz? Wir greifen sofort ein. Eine schwierige Hausaufgabe? Wir helfen direkt. Probleme mit Freund*innen? Wir regeln das. Doch damit nehmen wir unseren Kindern wichtige Lernerfahrungen. Kinder müssen lernen, mit Frustration umzugehen, Konflikte selbst zu lösen und auch mal zu scheitern. Diese Resilienz ist eine wichtige Lebenskompetenz, die sie nur durch eigene Erfahrungen entwickeln können.
#2
Das Kind mit Förderangeboten überfordern
Klavierunterricht, Englischkurs, Fußballtraining, Malschule: Viele Eltern möchten die Talente ihrer Kinder maximal fördern und melden sie für zahlreiche Aktivitäten an. Derartige Kurse werden mittlerweile schon für die Allerkleinsten angeboten. Die Intention ist gut, doch ein durchgetakteter Wochenplan kann Kinder überfordern und ihnen etwas Wesentliches nehmen: freie Zeit.
Langeweile ist für die kindliche Entwicklung wichtig. Aus ihr entstehen Kreativität, Selbstständigkeit und die Fähigkeit, sich selbst zu beschäftigen. Ein Kind, das ständig von einem Termin zum nächsten hetzt, verlernt, den eigenen Rhythmus zu finden.
#3
Pinterest-perfekte Kindergeburtstage planen
Der Kindergeburtstag mit durchgestylem Motto, selbstgebastelter Deko, einheitlichen Geschenketüten und aufwendigem Buffet. Der liebevoll befüllte Adventskalender mit 24 kreativen Überraschungen. Die selbstgenähte Faschingsverkleidung. Viele Eltern, besonders Mütter, setzen sich enorm unter Druck, weil sie das Gefühl haben, dass heute alle so viel Aufwand betreiben. Social Media verstärkt diesen Eindruck noch: Überall sehen wir perfekt inszenierte Kinderpartys und kreative Bastelprojekte. Doch wenn wir ehrlich sind, verlangt unser dreijähriges Kind keinen durchgestylten Dinosaurier-Geburtstag mit passenden Cupcakes. Es würde sich genauso über Kuchen, ein paar Luftballons und Zeit zum Spielen freuen.
Blicken wir auf unsere eigene Kindheit zurück, erinnern wir uns meist an einfache Feiern ohne perfekte Deko und trotzdem waren wir glücklich. Es lohnt sich zu hinterfragen: Mache ich das wirklich für mein Kind oder setze ich mich selbst unter Druck, weil ich denke, das wird von mir erwartet? Oft belasten wir uns mit Dingen, die unserem Kind gar nicht wichtig sind, während wir dabei erschöpft und gestresst werden.
#4
Zu viel Spielzeug kaufen
Viele Eltern möchten ihren Kindern jeden Wunsch erfüllen und das Kinderzimmer mit dem neuesten Spielzeug ausstatten. Doch Studien aus der Entwicklungspsychologie zeigen: Weniger ist oft mehr. Kinder mit zu viel Spielzeug spielen oberflächlicher, wechseln ständig zwischen den Dingen und entwickeln seltener kreative Spielideen. Die Reizüberflutung kann sie sogar überfordern. Statt Freude zu schenken, nehmen wir ihnen damit die Möglichkeit, sich intensiv mit wenigen Dingen zu beschäftigen und ihre Fantasie zu nutzen.
Unser Tipp: Räume öfter verschiedene Spielsachen weg, damit sich dein Kind auf eine Sache konzentrieren kann. Besonders gut klappt das mit leicht zugänglichen Kinderregalen inklusive viel Stauraum:
#5
Mehr schicke Outfits als Basics
Bevor das Baby da ist, stapeln sich die süßen Kleidchen, die kleinen Hemden und die niedlichen Outfits im Schrank. Ob selbst gekauft oder geschenkt: Viele werdende Eltern investieren in besonders hübsche Babykleidung und stellen sich vor, wie entzückend ihr Kind darin aussehen wird. Doch sobald der Alltag beginnt, zeigt sich schnell: Was wir wirklich brauchen, sind unzählige schlichte Langarm-Bodys, einfache Strampler und robuste Hosen, die dreckig werden dürfen. Die schicken Sachen mit den vielen Knöpfen, die umständlich anzuziehen sind? Bleiben meist ungetragen im Schrank, während das Baby ohnehin innerhalb weniger Wochen wieder herausgewachsen ist.
Statt uns von der Vorstellung leiten zu lassen, wie perfekt unser Kind aussehen soll, sollten wir uns fragen: Was ist im chaotischen Alltag mit Spucken, Wickeln und ständigem Wäschewechsel wirklich praktisch? Oft ist weniger Niedlichkeit und mehr Funktionalität der Schlüssel zu entspannteren ersten Monaten.
Wie kommt man aus der Perfektionismus-Falle?
Perfektionismus in der Erziehung entsteht oft aus Liebe und dem Wunsch, alles richtigzumachen. Doch unsere Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sondern authentische, geduldige und verständnisvolle Bezugspersonen. Es ist völlig in Ordnung, wenn nicht immer alles glattläuft, das Kinderzimmer chaotisch ist und die Klamotten nicht immer zum Anlass passen. Wichtig ist, dass wir unseren Kindern Raum geben: Raum zum Spielen, zum Scheitern, zum Langweilen und zur Selbstständigkeit.
Statt danach zu streben, alles perfekt zu machen, können wir uns fragen: Was braucht mein Kind wirklich in diesem Moment? Oft ist es nicht das nächste Spielzeug oder die nächste Aktivität, sondern unsere Präsenz, unser Vertrauen in seine Fähigkeiten und die Freiheit, Kind sein zu dürfen. Wenn wir lernen, loszulassen und auch Unordnung, Fehler und spontane Entwicklungen zuzulassen, entlasten wir nicht nur uns selbst, sondern geben unseren Kindern die Chance, zu selbstbewussten und resilienten Menschen heranzuwachsen.







