Wenn dein Kind plötzlich nicht mehr zur Schule möchte, steckt oft mehr dahinter als einfach nur simple Unlust. Dein Kind wirkt angespannt, wenn es um die Schule geht, findet Ausreden oder entwickelt plötzlich körperliche Beschwerden wie Bauchschmerzen (vor allem am Morgen). Schulangst ist ein ernstes Thema, das viele Familien im Laufe der Zeit betrifft und welches viele Gesichter haben kann. Wichtig ist: Die Ängste deines Kindes sind real und verdienen, ernst genommen zu werden. Mit Verständnis und den richtigen Schritten kannst du deinem Kind durch diese schwierige Phase helfen. Hier erfährst du, wie du die Signale erkennst und darauf reagieren kannst.
Was bezeichnet man als Schulangst?
Schulangst zeigt sich bei jedem Kind ganz unterschiedlich. Während manche Kinder sich zurückziehen, reagieren andere mit Wut oder körperlichen Symptomen wie Kopf- oder Bauchschmerzen. Die Gründe können vielfältig sein – Überforderung im Unterricht, Probleme mit Mitschüler*innen, Angst vor Prüfungen oder manchmal auch Schwierigkeiten mit Lehrkräften. Bevor du Lösungen suchst, ist es wichtig zu verstehen, woher die Angst wirklich kommt. Nur so kannst du gezielt unterstützen, ohne dass dein Kind das Gefühl bekommt, dich von sich stoßen zu müssen.
#1
Schaffe einen sicheren Raum für offene Gespräche
Der erste Schritt ist zuzuhören, ohne sofort Lösungen anzubieten oder die Ängste kleinzureden. Sätze wie „Das ist doch nicht so schlimm“ mögen gut gemeint sein, können aber das Gegenteil bewirken und deinem Kind das Gefühl geben, dass ihre oder seine Gefühle nicht vollends ernst genommen werden. Nimm dir Zeit, frag sanft nach und zeige echtes Interesse. Erkenne aber auch, wenn dein Kind nicht sprechen möchte und gib ihr oder ihm nicht das Gefühl, dass das nicht okay ist. Druck führt nicht zum Ziel.
„Ich merke, dass es dir gerade schwerfällt. Magst du mir erzählen, was dich belastet?“ ist zum Beispiel ein Satz, den du gut benutzen kannst, um einen ersten Versuch zu starten. Manchmal braucht es mehrere Anläufe, bis sich dein Kind öffnet. Geduld ist hier der Schlüssel. Wenn dein Kind spürt, dass ihre oder seine Gefühle wichtig sind und nicht bewertet werden, fällt es ihr oder ihm leichter, über seine Ängste zu sprechen.
#2
Suche das Gespräch mit der Schule
Ein enger Austausch mit Lehrkräften und eventuell der Schulpsychologie kann sehr hilfreich sein. Sie kennen dein Kind in einem anderen Kontext und haben vielleicht bereits Beobachtungen gemacht. Gemeinsam könnt ihr überlegen, ob es Unterstützungsmöglichkeiten gibt – sei es durch einen Nachteilsausgleich bei Prüfungsangst, Gespräche mit der Klasse bei sozialen Konflikten oder eine zeitweise Reduzierung des Pensums. Wichtig ist, dass dein Kind weiß, dass ihr als Team agiert und nicht über seinen Kopf hinweg entscheidet. Beziehe es, wenn möglich, in Gespräche mit ein oder informiere es zumindest darüber.
Hinweis: Solltest du den Verdacht haben, dein Kind könnte gemobbt wird, könntest du auf Abwehrverhalten stoßen. In diesem Fall solltest du unbedingt abwägen, ob ein diskretes Gespräch mit der Klassenlehrkraft nicht trotzdem sinnvoll sein könnte, auch wenn dein Kind es ablehnt. Damit übergehst du es zwar, allerdings neigen Mobbingopfer häufig dazu, unsichtbar sein zu wollen und sich nicht mehr aktiv zu wehren. Aktive Hilfe ist deswegen unabdingbar.
#3
Entwickelt gemeinsam kleine Schritte
Wenn die Angst so groß ist, dass der Schulbesuch kaum noch möglich ist, helfen oft kleine, machbare Schritte. Vielleicht beginnt dein Kind zunächst nur für eine Stunde, bleibt dann länger oder nimmt erst mal nur an bestimmten Fächern teil. Jeder kleine Erfolg stärkt das Vertrauen und zeigt: Ich kann das schaffen! Setzt euch realistische Ziele und feiert selbst die kleinsten Fortschritte. Ein Belohnungssystem kann dabei unterstützen, sollte aber nicht im Vordergrund stehen. Wichtiger ist, dass dein Kind spürt: Es darf in seinem Tempo gehen, du bist an seiner Seite und bist trotz vermeintlicher Fehler stolz auf dein Kind.
#4
Stärke das Selbstvertrauen deines Kindes
Kinder mit Schulangst verlieren oft das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Hilf deinem Kind dabei, seine Stärken wiederzuentdecken. Was macht es gern? Worin ist es gut? Ob Sport, Musik, kreative Hobbys oder Zeit mit Freund*innen – alles, was Erfolgserlebnisse und Freude bringt, stärkt das Selbstwertgefühl. Auch Entspannungstechniken wie Atemübungen, Yoga oder progressive Muskelentspannung können helfen, mit Angstsituationen besser umzugehen. Es gibt mittlerweile auch viele kindgerechte Apps und Bücher zu diesem Thema, die spielerisch Strategien vermitteln.
#5
Achte auch auf dich selbst
Die Schulangst deines Kindes belastet oft die ganze Familie. Du machst dir Sorgen, fühlst dich vielleicht hilflos oder fragst dich, was du falsch gemacht hast, dass es so weit kommen konnte. Wichtig ist: Du bist nicht schuld. Schulangst kann viele Ursachen haben, die außerhalb deiner Kontrolle liegen. Achte darauf, dass du selbst genug Kraft hast. Tausch dich mit anderen Eltern aus, hol dir Unterstützung von Freund*innen oder Familie. Für dich kann es außerdem sinnvoll sein, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen – nicht als Zeichen von Schwäche, sondern um neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten zu bekommen.
Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist:
Manchmal reichen die eigenen Ressourcen nicht aus, und das ist vollkommen okay. Wenn die Schulangst über Wochen anhält, sich verstärkt oder dein Kind auch in anderen Lebensbereichen stark dadurch beeinträchtigt ist, kann eine Kinder- und Jugendpsychotherapie der richtige Weg sein.
Therapeut*innen haben Erfahrung mit Ängsten und können deinem Kind Strategien an die Hand geben, um besser damit umzugehen. Auch eine Diagnostik kann sinnvoll sein, um herauszufinden, ob vielleicht Lernschwierigkeiten oder andere Faktoren eine Rolle spielen. Je früher ihr Unterstützung sucht, desto besser. Eine ernsthafte Schulangst verschwindet selten von allein.
Unser Ratschlag
Schulangst ist belastend, aber überwindbar. Der wichtigste Schritt ist, die Ängste deines Kindes ernst zu nehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Es gibt keinen Patentweg, der für jedes Kind funktioniert, manchmal braucht es Geduld, Ausprobieren und auch Rückschläge gehören dazu. Doch mit Verständnis, Unterstützung und gegebenenfalls professioneller Hilfe können die meisten Kinder lernen, ihre Ängste zu bewältigen und wieder gern zur Schule zu gehen.
Vertrau darauf, dass du dein Kind am besten kennst und dass ihr gemeinsam einen Weg findet. Und denk daran: Du musst nicht alles allein schaffen. Ihr seid nicht allein mit dieser Herausforderung, und es gibt viele Anlaufstellen, die euch unterstützen können. Auch eure Schule kann euch bei Bedarf Hilfestellen an die Hand geben.









