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Interview

„Frauen haben einfach weniger Lust auf Hip-Hop“

Melbeatz Interview

Sie gilt schon seit vielen Jahren als die einzige weibliche Musikproduzentin, die sich international im Hip-Hop durchsetzen konnte. Melanie Wilhelm, besser bekannt als Melbeatz, ist dieses Jahr Jurorin des Deutschen Musikautorenpreises, der am 14. März in Berlin von der GEMA verliehen wird. Im Interview hat sie mir erzählt, was sie von der Frauenquote und der Gender-Debatte im Hip-Hop hält.

desired: Nach dem Eklat um Kollegah und Farid Bang beim Echo gab es eine Debatte darüber, wie sinnvoll Musik-Preise überhaupt sind. Warum findest du den Deutschen Musikautorenpreis relevant?

Melbeatz: Ich finde diesen Preis relevant, weil es dort nicht wie beim Echo nach Verkaufszahlen geht, sondern Künstler andere Künstler ehren. Das ist die Königsklasse, wenn gestandene Künstler Newcomer und Musikschaffende, die eher im Hintergrund agieren, auszeichnen. Ich halte ihn für den wichtigsten Preis. Den Echo fand ich auch immer so naja… Da kriegt dann auch mal ein DJ Ötzi einen Preis, weil es nur um Verkaufszahlen geht. Gute-Laune-Musik ist zwar auch nicht zu unterschätzen, aber für mich hat das keinen hohen Wert.

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Worauf hast du bei der Auswahl der Nominierten in der Kategorie „Komposition Hip-Hop“ geachtet? Ging es da nur um deinen persönlichen Geschmack?

Ich habe mir angeschaut, was gerade aktuell ist, und, wen ich künstlerisch schätze. Mit Sympathie hat das eher weniger zu tun. Den Nominierten Lex Lugner [Anm. d. Red.: produziert für Künstler wie Yung Hurn oder Haiyti] kenne ich persönlich zum Beispiel gar nicht. Ich weiß aber, dass er gerade für die neue Generation wichtige Musik macht. Mit Jumpa [Anm. d. Red.: produziert für Künstler wie Azad] habe ich schon zusammengearbeitet und da hat er mir schon mit seinem Talent und seiner Schnelligkeit imponiert.

Wäre es kontraproduktiv, bei Musikpreisen eine Frauenquote einzuführen, wie es beispielsweise schon für Musikfestivals verlangt wird?

Wenn es eine Frauenquote gäbe, hätte ich mich danach gerichtet. Wenn ich dazu gezwungen werden würde, wäre das aber schon doof. Hip-Hop ist eben ein Genre, das eher männerdominiert ist. Das hat nichts mit Frauenunterdrückung oder dem Gendergap zu tun. Daran haben einfach weniger Frauen Interesse.

Würdest du also sagen, dass sich Frauen nicht für Musikproduktion interessieren, weil viel davon mit Technik zu tun hat?

Im Hip-Hop ist es eben so, dass man viel am Computer mit Musik-Software arbeitet. In anderen Genres hat man eher Klavierspieler oder Songwriter, von denen bestimmt die Hälfte Frauen sind. Die technische Seite beim Hip-Hop wirkt nicht so anziehend auf Frauen. Ich weiß allerdings gar nicht, wie viele junge Mädchen doch in ihrem Zimmer sitzen und Musik machen. Vielleicht gibt es ja doch viel mehr, als ich denke. Wie sehr nervt es dich, in Interviews immer wieder auf die Gender-Debatte im Hip-Hop angesprochen zu werden?

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Ich wurde schon vor 20 Jahren bei meinem ersten Interview auf die Frauen-Thematik angesprochen. Ich würde jetzt nicht sagen, dass es nervt. Das würde dich ja auch beleidigen, aber ich sage es immer wieder: Ich bin dafür einfach die falsche Ansprechperson. Ich mache Musik, ich habe keine Probleme, ich habe Lust auf dieses Genre und habe mich in dieser Männerdomäne durchgesetzt. Da muss man die fragen, die es nicht machen. Die Frage danach ist ein bisschen langweilig geworden, weil die mir genauso in jedem Interview gestellt wird. Aber es gibt schlimmere Sachen. (lacht)

Müssen Frauen, die im Hip Hop erfolgreich sein wollen, einfach tougher sein als in anderen Musik-Genres?

Wenn du sehr zart besaitet bist, hast du da Probleme, oder machst dir die selber. Frauen werden aus dieser Szene ja nicht mit Gewalt ferngehalten. Es herrscht aber eine härtere Gangart. Wenn man ein sensiblerer Typ ist, ist das schwierig.

Ich sehe das ganz ähnlich. Ehrlich gesagt, finde ich die Forderung nach Quotenregelungen in der Musik auch ziemlich bedenklich…

Ja, gerade in der Musik wird nicht irgendjemand mit Absicht unten gehalten. In Chefetagen, in denen patriarchale Strukturen herrschen, ist das bestimmt eher so, dass Männer gemeinsame Sache machen und keinen Bock auf Frauen haben. In der Musikbranche freut man sich, wenn mehr Frauen dazukommen. Es ist nicht so, dass Frauen dort weggemobbt werden. Daher braucht man hier auch keine Regelungen. In anderen Berufszweigen kann ich das schon nachvollziehen, dass das gemacht werden muss, weil dort Strukturen durchbrochen werden müssen.

Mal abgesehen davon, ob man es als Problem ansieht, dass es wenige Frauen im Hip-Hop gibt, oder nicht: Können wir Musik überhaupt unvoreingenommen wahrnehmen? Bewertet man einen Track vielleicht anders, wenn er von einer Frau produziert wurde?

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Nein, überhaupt nicht. Die Rapperin Loredana beweist das gerade: Die Jungs gehen auch steil, wenn die ihre Songs hören. Juju von SXTN kommt beispielsweise auch gut an. Die paar, die es geschafft haben, sind eben auch gut. Wenn es nur 20 Frauen versuchen, kommen auch nur 5 weiter. Bei den Jungs versuchen es 1.000 und es kommen vielleicht 20 weiter. Deshalb wirkt das so unausgewogen, weil sich einfach mehr Männer trauen.

Vielen Dank für das interessante Interview, Melbeatz!

EmpowHER: Unsere Themenreihe zu inspirierenden Frauen

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Bildquelle: Deutscher Musikautorenpreis

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