Wenn wir erwachsen werden, verändert sich die Dynamik zu unseren Eltern grundlegend. Aus der natürlichen Abhängigkeit der Kindheit entwickelt sich idealerweise eine gleichberechtigte Beziehung zwischen Erwachsenen. Doch dieser Übergang verläuft selten reibungslos – denn während wir uns um Unabhängigkeit und eigene Lebenswege bemühen, können unsere Worte und Handlungen unsere Eltern tiefer treffen, als uns bewusst ist.
Meist geschieht das völlig unbeabsichtigt, doch ein Bewusstsein dafür kann helfen, diese wichtige Beziehung zu stärken.
#1
Seltene Besuche und oberflächliche Gespräche
„Mir geht's gut, bei der Arbeit läuft alles“ – solche knappen Antworten mögen praktisch erscheinen, aber für Eltern können sie das Gefühl verstärken, aus dem Leben ihrer Kinder ausgeschlossen zu sein. Wenn Besuche selten werden und Gespräche an der Oberfläche bleiben, entsteht oft das schmerzhafte Gefühl, nicht mehr gebraucht oder wichtig zu sein.
Dabei sehnen sich viele Eltern nicht nach stundenlangen Telefonaten, sondern einfach nach dem Gefühl, noch einen bedeutsamen Platz im Leben ihrer erwachsenen Kinder zu haben.
#2
Ratschläge kategorisch ablehnen
„Das verstehst du nicht, die Zeiten haben sich geändert“ – dieser Satz kann Eltern zutiefst verletzen, auch wenn er sachlich richtig sein mag. Ihre Lebenserfahrung und Weisheit komplett abzulehnen, kann das Gefühl vermitteln, wertlos oder überflüssig zu sein.
Natürlich müssen wir als Erwachsene unsere eigenen Entscheidungen treffen, doch eine respektvolle Art der Ablehnung kann den Unterschied machen zwischen „Ich schätze deine Meinung, sehe es aber anders“ und „Deine Meinung ist irrelevant“.
#3
Wichtige Lebensereignisse nicht teilen
Ob Beförderung, neue Beziehung oder schwierige Phasen – wenn Eltern wichtige Entwicklungen im Leben ihrer Kinder erst spät oder durch Dritte erfahren, kann das sehr schmerzhaft sein.
Sie fühlen sich dann oft wie Außenstehende im Leben der Person, die sie großgezogen haben. Dabei geht es nicht um Kontrolle, sondern um das Bedürfnis, am Leben geliebter Menschen teilhaben zu dürfen.
#4
Familientraditionen ignorieren oder kritisieren
„Das ist mir zu altmodisch“ oder „Das machen wir jetzt anders“ – solche Aussagen über lang gepflegte Familientraditionen können Eltern das Gefühl geben, dass ihre Werte und das, was ihnen wichtig war, von den eigenen Kindern abgelehnt wird.
Traditionen repräsentieren oft emotionale Verbindungen und Erinnerungen. Ihre komplette Ablehnung kann als Zurückweisung der gesamten Familiengeschichte empfunden werden.
#5
Nur bei Problemen oder wenn Hilfe benötigt wird anrufen
Wenn der Kontakt hauptsächlich dann stattfindet, wenn finanzielle Unterstützung benötigt wird oder Probleme gelöst werden müssen, kann das bei Eltern das bittere Gefühl auslösen, nur noch als „Notfallkontakt“ zu dienen.
Sie möchten auch an den schönen Momenten und Erfolgen teilhaben, nicht nur als Problemlöser*innen wahrgenommen werden. Eine Nachricht über ein gelungenes Dinner oder einen lustigen Moment im Alltag kann mehr bedeuten als viele große Gesten.
Fühlst du dich ertappt?
Erwachsen zu werden bedeutet nicht, die Verbindung zu den Eltern zu kappen, sondern sie zu transformieren. Es ist völlig normal und gesund, eigene Wege zu gehen und manchmal andere Entscheidungen zu treffen als die Eltern. Doch ein wenig Achtsamkeit in der Kommunikation kann viel bewirken.
Versuche, regelmäßigen und echten Kontakt zu halten – auch wenn es nur ein kurzer Anruf ist, um zu erzählen, was dich gerade beschäftigt. Höre dir ihre Meinung an, auch wenn du nicht danach handelst. Und vergiss nicht: Auch Eltern sind Menschen mit Gefühlen, die sich nach Wertschätzung und Verbindung sehnen. Die Beziehung zu ihnen ist ein kostbares Gut, das durch kleine Gesten der Aufmerksamkeit und des Respekts gepflegt werden kann.