Smalltalk ist ein fester Bestandteil unseres gesellschaftlichen Miteinanders – und trotzdem fühlen sich nicht alle Menschen wohl damit. Während Extrovertierte oft mühelos in kurze Gespräche mit Fremden eintauchen, kann Smalltalk für introvertierte Menschen eine echte Herausforderung darstellen. Quasi ein gesellschaftlicher Balanceakt zwischen Höflichkeit und persönlichem Wohlbefinden. Eine aktuelle Studie der Sprachlernplattform Babbel zeigt ein ähnlich zerrissenes Bild: Zwar führen 75 Prozent der Deutschen täglich oder mehrmals täglich Smalltalk, rund 30 bis 40 Prozent der Befragten fühlen sich dabei aber zumindest teilweise unwohl. Jede*r Zehnte fühlt sich sogar sehr unwohl.
Besonders auffällig? Als größte Smalltalk-Gegner*innen der Umfrage entpuppten sich die 18- bis 24-Jährigen. Unter ihnen fühlen sich fast 48 Prozent beim Smalltalk unwohl. Außerdem bewerteten sie ihn am häufigsten als oberflächlich (42,5 Prozent) und zeitverschwendend (40 Prozent). Aber woran liegt es, dass vor allem die Gen Z sich vor Smalltalk drückt?
Warum Jüngere vor Smalltalk zurückschrecken
Laut Maren Pauli, Head of B2B Didactics bei Babbel, ist die digitale Kommunikation der Hauptgrund, warum Smalltalk immer unbeliebter wird. „Wir sind es zunehmend gewohnt, effizient, direkt und über Messenger oder Social Media zu kommunizieren“, sagt die Expertin. „Spontane Gespräche im Alltag – zum Beispiel an der Supermarktkasse oder im Wartezimmer – sind seltener geworden, weil wir uns oft lieber auf unser Smartphone zurückziehen. Die Fähigkeit, solche beiläufigen Gespräche zu führen, verkümmert dadurch zunehmend.“
Dass vor allem jüngere Erwachsene ein Problem mit Smalltalk haben, lässt sich also so erklären, dass sie mit Smartphones aufwachsen und ihnen schlichtweg die Übung fehlt. Während die ältere Generation zumindest noch ein bisschen Übung im Smalltalk hat, weil er zur damaligen Zeit die einzige Option war, neue Kontakte zu knüpfen, sieht es bei der Gen Z anders aus, wie Maren Pauli bestätigt: „Junge Menschen haben scheinbar weniger Erfahrung mit spontanen Gesprächen im analogen Raum – das legt nahe, dass sie sich im direkten Austausch unsicherer fühlen.“
Das Problem dabei? Der Verzicht auf Smalltalk kann auch negative Folgen haben …
#1
Der Empathie-Muskel könnte verkümmern
„Smalltalk ist wie ein kleines soziales Trainingsprogramm“, sagt Maren Pauli. „Wenn ich jemandem beiläufig begegne und ein kurzes Gespräch beginne, übe ich, mich in mein Gegenüber hineinzuversetzen – sei es durch ein Lächeln, eine Frage zum Wetter oder durch Zuhören.“ Die Expertin spricht hierbei von „Mikrointeraktionen“ und betont, dass diese unsere soziale Intelligenz und unser Mitgefühl stärken. „Wenn wir diese Gelegenheiten ständig meiden, bauen wir genau diese Fähigkeiten ab“, so Maren Pauli. Die Folgen seien mehr soziale Isolation, mehr Missverständnisse im Alltag und weniger Resilienz in Beziehungen, ob beruflich oder privat.
#2
Weniger Vertrautheit, mehr Distanz
Laut Maren Pauli fehlt uns durch den Verzicht auf Smalltalk außerdem ein „wichtiges soziales Schmiermittel“. Was das bedeuten soll? „Smalltalk schafft Vertrautheit, bevor es in tiefere Gespräche geht“, erklärt die Expertin. „Dabei geht es gar nicht so sehr um den Inhalt, sondern vielmehr um einen ersten ‚Temperaturcheck‘. Wenn wir diese Brücke nicht bauen, bleibt oft eine gewisse Distanz bestehen – im Büro, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft.“
#3
Spontane Verbindungen fallen weg
„Manchmal entsteht aus einem simplen ‚Wie geht's?‘ ein neuer Gedanke, eine Idee oder sogar eine Freundschaft“, sagt Maren Pauli. Wenn wir Smalltalk aber aus dem Weg gehen und uns lieber mit unserem Smartphone beschäftigen, nehmen wir uns selbst diese Möglichkeit und „verlieren die Chance, spontane Verbindungen zu knüpfen, die unser Leben bereichern können“, wie es die Expertin so schön ausdrückt. Eigentlich schade, oder nicht?
Ist „Warm Talk“ die Lösung?
Heißt das jetzt, dass alle, die Smalltalk hassen, sich automatisch zu unempathischen Menschen entwickeln? Jein. „Nähe kann auch auf anderen Wegen entstehen – etwa durch gemeinsames Tun, ehrliches Zuhören oder tiefergehende Gespräche“, betont Maren Pauli. „Aber das bedeutet nicht, dass Smalltalk überflüssig ist. Im Gegenteil: Er ist oft die Eintrittskarte für tiefere Verbindungen. Dabei geht es nicht darum, an der Oberfläche zu bleiben, sondern darum, sich langsam und achtsam aufeinander zuzubewegen.“
Als Alternative zum Smalltalk empfiehlt die Expertin „Warm Talk“, was sie als „gesunde Mitte zwischen oberflächlichem Geplänkel und sofortigem Deep Talk“ beschreibt. Wie das in der Praxis aussehen kann? „Wir sprechen über Persönliches, aber nicht zu Intimes; wir zeigen Interesse, ohne Grenzen zu überschreiten“, erklärt Maren Pauli. „Das kann ein echtes Kompliment sein, eine offene Frage wie ‚Was hat dir heute schon ein gutes Gefühl gegeben?‘ oder einfach ein ehrlicher Kommentar zum Moment. Solche Gespräche schaffen Verbindung, ohne aufdringlich zu wirken.“ Gleichzeitig sind sie weniger oberflächlich als Smalltalk, was vor allem der Gen Z gefallen dürfte.
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