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Generation Y: Warum wir flexible Arbeitszeiten brauchen

Millennials

Teilzeit, Home Office, Sabattical: Immer mehr Firmen verabschieden sich von starren, festen Arbeitszeiten und bieten ihren Mitarbeitern mehr Möglichkeiten zur Selbstgestaltung. Welche Modelle für einen flexiblen Arbeitsalltag gibt es bereits und  warum sind sie so wichtig für unsere Generation?

Immer mehr Eltern arbeiten in Teilzeit

Ich gehöre zu den Menschen, die jeden Tag zur Arbeit pendeln müssen. Damit verbringe ich fast zwei Stunden täglich im Zug, zusätzlich zu den neun Stunden auf Arbeit. Noch ist das okay für mich, aber wenn ich irgendwann mal Mutter bin, kann ich mir solch einen Arbeitsalltag nicht mehr vorstellen. Mal abgesehen davon, dass ich mein Kind nicht elf Stunden in der Kita oder bei der Tagesmutter abgeben kann, will ich auch Zeit mit ihm verbringen und nicht erst zu Hause sein, wenn es schon ins Bett muss.

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Gerade Alleinerziehende müssen oft früher Feierabend machen, um ihr Kind abzuholen oder zu Hause bleiben, weil es krank ist. So geht es vielen Müttern und auch Vätern, die daher ihre Anzahl an Arbeitsstunden verkürzen oder vermehrt im Home Office arbeiten. Seit 1999 hat sich die Zahl der in Teilzeit arbeitenden Frauen in Deutschland mehr als verdoppelt: 2016 arbeiteten 6,8 Millionen weniger als 40 Stunden pro Woche. 36 Prozent der befragten werdenden Mütter gaben 2017 an, nach dem Mutterschutz bzw. der Elternzeit weniger arbeiten zu wollen, 25 Prozent spielen immerhin mit dem Gedanken. Interessant ist, dass auch immer mehr werdende Väter für ihre Kinder mit den Stunden runtergehen wollen: 11 Prozent definitiv, 30 Prozent vielleicht. Ein Großteil möchte so lange in Teilzeit arbeiten, bis das Kind in die Schule kommt, also etwa sechs Jahre.

Home Office mit Kind
Arbeiten und trotzdem was vom Kind haben? Mit flexiblen Arbeitszeiten durchaus möglich.

Generation Y: Freizeit trotz Karriere

Wenn du zwischen 1980 und dem 1995 geboren wurdest, bist du Teil der Generation Y, auch Millennials genannt. Diese Jahrgänge verändern die Arbeitsstrukturen immer mehr: Denn wir haben den starken Drang, unser Leben selbst zu bestimmen und nicht zu leben, um zu arbeiten, sondern zu arbeiten, um zu leben. Eine ausgewogene Work-Life-Balance wird uns immer wichtiger, der Wunsch nach einem glücklichen Privatleben und dem Nachgehen der eigenen Interessen rückt in den Vordergrund. Und diese Möglichkeit auf Selbstverwirklichung und Zufriedenheit fordern wir auch ein. Dennoch rückt die Karriere keinesfalls in den Hintergrund: Wir haben trotzdem Lust auf Erfolg, Verantwortung und berufliche Weiterentwicklung, wollen aber unsere Freizeit dafür nicht aufgeben oder gar zu müde für ein Privatleben sein.

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Gewöhnliche Arbeitsmodelle passen nicht mehr zu diesem modernen Lifestyle, den sich sicherlich auch schon unsere Eltern gewünscht hätten – allerdings in einer Zeit, in der Arbeitszeiten noch sehr statisch, Familienstrukturen eher klassisch und Werte anders definiert waren. Wir Millennials haben andere Ziele und Ansprüche, die wir ausgerechnet dieser Elterngeneration verdanken, die uns mehr Freiheiten gewährt hat, als sie selbst hatte. So haben wir gelernt, mehr unseren wirklichen Interessen zu folgen und nicht unbedingt den konventionellen Weg zu gehen.

Fröhliches Mädchen auf Wiese
Mehr Zeit für mich und mein Leben: Es steht mir zu.

Diese flexiblen Arbeitszeitmodelle gibt es

Mehr Zeit für sich selbst oder die Familie zu haben muss nicht immer gleich bedeuten, die Arbeitszeit zu reduzieren. Arbeitgeber bieten mittlerweile vor allem diese Arbeitszeitmodelle an:

#1 Gleitzeit

Auch Vertrauensarbeitszeit genannt, bedeutet Gleitzeit, dass der Mitarbeiter selbst entscheidet, zu welcher Uhrzeit er mit der Arbeit beginnt. Hast du also morgens mal einen Arzttermin oder musst dein Kind in die Kita bringen, fängst du einfach später an. Die meisten Arbeitgeber fordern jedoch eine gewisse Kernarbeitszeit, beispielsweise von 10 bis 14 Uhr, in denen alle Angestellten anwesend sein müssen.

#2 Teilzeit

In Teilzeit arbeiten heißt, statt beispielsweise 40 Stunden nur noch 30 Stunden pro Woche zu arbeiten. So hat man mehr Zeit, um sich um die eigenen Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu kümmern und dennoch weiterhin die Karriere nicht aus den Augen zu verlieren.

#3 Home Office

Home Office steht für das Arbeiten von zu Hause. Über Telefon, PC oder Laptop bleibt man mit den Kollegen in Kontakt, lässt sich in Meetings dazuschalten oder per Mail mit den wichtigsten Infos versorgen. Hier ist Selbstdisziplin gefragt, um auch wirklich alle Aufgaben konsequent zu erledigen und das Vertrauen von Seiten des Arbeitgebers nicht auszunutzen.

#4 Arbeitskonten

Wenn genau dokumentiert wird, von wann bis wann ein Mitarbeiter auf Arbeit anwesend ist, werden auch Überstunden dokumentiert. Diese kann man über einen gewissen Zeitraum ansammeln und effektiv zum Ausgleich nutzen, wenn man mal mehr freie Zeit für Urlaub oder Kinder braucht. Der Nachteil dabei könnte jedoch sein, dass der Arbeitgeber das Leisten von Überstunden als selbstverständlich ansieht, wenn er diese Möglichkeit im Gegenzug bietet.

#5 Sabbatical

Ein Sabbatical, auch Sabbatjahr, einzulegen wird immer beliebter. Eine Auszeit vom Job bietet die Möglichkeit, sich auszuruhen oder seinen Horizont zu erweitern. Dafür bekommt man eine freie Zeit von zwei Monaten bis zu einem Jahr, die sich aus Überstunden, Urlaubstagen und auch unbezahltem Urlaub zusammensetzen kann. Du hast oft auch die Option, in diesem Zeitraum weiter einen Teil deines Gehalts zu bekommen, wenn du bereits vorher nur den anderen Teil deines Gehalts bezogen hast. Beispiel: Du gehst sechs Monate ganz normal zur Arbeit und erhältst in diesem Zeitraum 60 Prozent deines Gehalts; die anderen 40 Prozent bekommst du während deines Sabbaticals ausgezahlt, damit du dann nicht auf dem Trockenen sitzen musst.

Laut Statista bieten viele Firmen bereits flexible Arbeitszeiten an.

Müssen Arbeitgeber die Modelle genehmigen?

Mal abgesehen davon, dass die Einteilung der Arbeitszeiten auch etwas mit Selbstbestimmung zu tun hat, haben manche Menschen gar keine andere Wahl. Sie kümmern sich um pflegebedürftige Angehörige und können daher nicht Vollzeit arbeiten gehen. Immer mehr Arbeitgeber kommen ihren Angestellten in solch einem Fall entgegen und bieten ihnen die Möglichkeit auf Teilzeit oder Home Office. Auch Eltern von kleinen Kindern haben oft gute Argumente, warum sie beruflich nicht mehr 100 Prozent geben können.

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Für die meisten anderen Gründe muss heute jedoch oft noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Denn dein Arbeitgeber hat meist einen Mehraufwand: So kann es schwerer sein, Termine mit dir zu planen oder dich nur übers Internet mit allen nötigen Infos zu versorgen. Zudem müssen deine Aufgaben dem reduzierten Zeitaufwand angepasst werden. Teilzeit und Sabbatical stehen dir zwar rechtlich gesehen zu, ist jedoch gerade Personalmangel für die anfallenden Aufgaben in deiner Firma, kann dein Arbeitgeber dir dies schlichtweg verweigern. Hinzu kommt, dass flexible Arbeitszeiten gar nicht in jeder Branche wirklich umsetzbar sind: Man denke nur an den Dienstleistungssektor oder an medizinische Pflegekräfte.

Wenn du Glück hast, arbeitest du jedoch in einem toleranten Unternehmen, in dem das möglich ist und das bereits mit der Zeit geht. Denn auch für die Firmen bringt die Arbeitszeiteinteilung viele Vorteile: Eine erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit durch mehr Ausgeglichenheit, mehr Energie und mehr Vertrauen in den Arbeitgeber. Und wer mal ein paar Monate Zeit für sich selbst bekommt, kehrt im Idealfall kreativ und gestärkt zurück in den Job. Mit guten Argumenten und einer sicheren Position kannst du es dir durchaus erlauben, zumindest mal bei deinem Chef anzufragen.

Katja Gajek

Schließt reduziertes Arbeiten Karriere machen aus?

Während meiner Recherche habe ich mir eine Frage ziemlich oft gestellt: Wie realistisch ist es, dass ich jahrelang nur in Teilzeit oder viel von zu Hause arbeite und trotzdem im Beruf vorankommen kann? Habe ich nicht einen großen Nachteil gegenüber Kollegen, die volle Power geben und immer da sind? Denn in meiner Abwesenheit verpasse ich ja mitunter wichtige spontane Entscheidungen und Informationen, kann nicht mitgestalten und ohnehin insgesamt nicht so viel leisten, wie die anderen.

Aufstiegschancen male ich mir daher allgemein eher gering aus, denn die meisten Chefs wollen sicher niemanden in eine leitende Position setzen, der nur teilweise anwesend ist. Andererseits ist mir die Gestaltung meines Privatlebens aber auch so wichtig, dass ich diesen Kompromiss wohl eingehen würde. Und wer weiß, vielleicht ist unsere Gesellschaft schon in wenigen Jahren so weit, dass beides in immer mehr Firmen möglich ist, weil die Millennials auch die Chefetagen erobern und ebendieses Verständnis von Grund auf mitbringen?

Katja Gajek

Bildquelle: iStock/littlehenrabi, iStock/DGLimages, iStock/Sjale, Statista