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Interview

Faul und verweichlicht? Was wir laut Laura Bornmann von der Gen Z lernen können 

Laura Bornmann
© Farina Deutschmann

Wie will die Gen Z in Zukunft arbeiten? Wie schaffen es Unternehmen, attraktiv zu bleiben? Glaubt man der Expertin Laura Bornmann, ist die Arbeitswelt gerade in einem krassen Umbruch – der vielleicht erstmal nicht jedem gefällt. Warum wir aber so viel von der Gen Z über Bedürfnisse, Grenzen und die Zukunft lernen können, verrät sie im Interview.

Laura Bornmann war bis Oktober 2023 Managing Director bei der Non-Profit-Organisation Startup Teens sowie Gen Talents. Für das Thema Age Diversity setzt sie sich als New Work & Leadership Ambassador weiterhin ein – mit Erfolg! Sie gewinnt den German Diversity Award in der Kategorie "Change Maker – Generation" des Diversitätsnetzwerks BeyondGenderAgenda.

Liebe Laura, bis vor kurzen warst du Managing Director bei Startup Teens. Was genau steckt hinter diesem Start-up?

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Startup Teens ist ein sehr hochkarätiges Netzwerk, in dem sich viele tolle, erfolgreiche Menschen aus Familienunternehmen, Konzernen oder Start-ups dafür einsetzen, dass das Thema Unternehmertum schon bei jungen Menschen gefördert wird. Das ist wichtig, da es in Deutschland noch eine viel zu geringe Rolle spielt und wir einfach mutige Menschen brauchen, die ins Risiko gehen und Unternehmen gründen. Davon hängt ja unser Wohlstand ab. Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Gründungsneigung in Deutschland wirklich schlecht, bei Rankings belegen wir regelmäßig die letzten Plätze.

Bei Startup Teens gibt es zum Beispiel ein Mentorenprogramm mit großartigen Menschen, die schon viel erreicht haben und ihr Wissen an junge Menschen weitergeben. Es ist toll, dass sie sich Zeit für die Teens nehmen, denn solche Menschen trifft man sonst nicht. Startup Teens hat außerdem den höchstdotierten Business Plan Wettbewerb in Deutschland, bei dem junge Menschen für ihre Gründungsideen in sieben Kategorien 10.000 Euro gewinnen können.

Und bleiben wir bei jungen Menschen, bei der Gen Z. Es ist schon krass, wie die und ihre Arbeitsmoral ständig auseinandergepflückt wird. Sie seien illoyal, undiszipliniert und realitätsfremd mit ihren ganzen Forderungen. Es ist natürlich schwer, eine komplette Generation und auch Arbeitsmoral zu definieren. Aber könnte man da trotzdem einen Versuch starten und versuchen, die Gen Z zu beschreiben?

Das Thema muss man wirklich differenziert betrachten und nicht alle Menschen über einen Kamm scheren. Undisziplinierte Menschen findet man in jeder Generation. Trotzdem gibt es natürlich einige Einflüsse, die so eine Generation ein Stück weit prägen. Ein wichtiger Punkt ist, dass sich der Arbeitsmarkt sehr, sehr stark verändert hat. Menschen können heute einfach andere Forderungen durchsetzen. Und junge Menschen kennen gar keine andere Arbeitsrealität als ihre eigene – vielmehr formen sie da gerade eine neue Realität.

Die New-Work-Debatte und all die Themen drumherum sind aber kein Widerspruch zu Leistung! Ich bin überzeugt, dass Dinge, die gefordert werden, beispielsweise flexible Arbeitsbedingungen oder eine wertschätzende Führungskultur, die Bedingungen für eine Leistungskultur sind. Deswegen setze ich mich dafür ein. Und nicht nur die jungen Menschen haben diese Bedürfnisse. Vielmehr handelt es sich um menschliche Bedürfnisse, die wir alle haben. Man muss die Arbeit ganzheitlicher betrachten. Es ist ein anderer Zeitgeist, junge Menschen definieren Arbeit einfach anders, was aber nicht bedeutet, dass sie weniger Leistung bringen wollen oder bringen können.

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Was ist der Drive und die Bedürfnisse der Gen Z, wenn es ums Arbeiten geht?

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Erst mal ist es wichtig zu verstehen, dass sich die Arbeitsmarktsituation heute stark verändert. Mit dem Arbeitnehmermangel oder der demografischen Entwicklung beispielsweise, die sich noch dramatisch zuspitzen wird, hat sich das Machtverhältnis gedreht. Heute ist es so, dass Unternehmen mehr tun müssen, um Menschen zu überzeugen, dass sie als Arbeitgeber attraktiv sind. Früher war es andersrum. Und jetzt kommen junge Menschen, wenn sie gut ausgebildet sind, in die Position, Forderungen stellen zu können. Das hat aber überhaupt nichts mit Faulheit zu tun. Es gibt keine einzige Studie, die zu dem Schluss kommt, dass junge Menschen weniger leistungsbereit sind.

Es rücken nur eben andere Themen in den Vordergrund. Mentale Gesundheit spielt beispielsweise eine große Rolle. Denn der Druck ist extrem. Gerade junge Menschen vergleichen sich ja durch Social Media mit Menschen auf der ganzen Welt. Auch, dass man überall und immer erreichbar ist, kann auf Dauer ungesund werden. Dass sie dann vielleicht das Bedürfnis haben, mal abzuschalten und sich nur um sich selbst zu kümmern, ist doch total verständlich.

Auf den Punkt menschliche Bedürfnisse geht ja beispielsweise die Gallup-Studie ein – und die aktuellen Umfrageergebnisse sehen nicht so rosig aus. Immer mehr Mitarbeitende zeigen wenig emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen und sind für einen Jobwechsel bereit, heißt es demnach. Warum ist die Unzufriedenheit so groß?

Da gibt es natürlich viele Faktoren, die eine Rolle spielen. Gallup kommt zu dem Schluss, dass der wesentliche Faktor für Unzufriedenheit schlechte Führungskräfte sind. Es sind nicht alle Führungskräfte schlecht, jedoch wurden Menschen früher einfach nach anderen Kriterien befördert. Heute sind andere Merkmale entscheidend: Ist das jemand, der mit Menschen umgehen kann, der ein Interesse an Menschen hat, der sich auch um Menschen kümmern kann, ein Stück weit? Wobei man wirklich sagen muss, was heute von Führungskräften erwartet wird, ist sehr herausfordernd. Unternehmen sollten Klarheit darüber geben, was sie von Führungskräften erwarten und was nicht. Außerdem sollten sie sie für neue Anforderungen befähigen und sie damit nicht alleine lassen.

Gen Z ist die Arbeitergeneration der Zukunft, dennoch stellen sich viele Unternehmen quer, wenn sie Forderungen wie eine Vier-Tage-Woche hören und belächeln das Ganze sogar. Warum fehlt da das Umschalten?

Da muss man vielleicht auch erst mal Verständnis für aufbringen; die ältere Generation ist ganz anders sozialisiert. Sie hat Karriere gemacht, indem sie viel und lange gearbeitet hat. Für viele passt das nicht zusammen, was die jungen Menschen jetzt fordern. Da clasht es gerade, weil man auch gar nicht so richtig in Dialog geht. Ich denke, da sollten wir viel häufiger in ein ehrliches Gespräch gehen und fragen, was sind denn die Bedürfnisse dahinter? Auf der anderen Seite dürfen wir harte Arbeit auch nicht verteufeln, denn wir brauchen gerade in Zukunft Menschen, die bereit sind, hart zu arbeiten. Wir sollten nur besser arbeiten, also unter besseren Rahmenbedingungen.

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Unternehmen, die heute progressiv vorgehen, Führung in Teilzeit anbieten zum Beispiel, die haben schon jetzt massive Vorteile. Die anderen Unternehmen werden eh nachrücken, weil sie gar keine andere Wahl haben. Wenn alle anderen die Bedingungen sehr gut machen, dann sind sie nicht mehr attraktiv. Wir sind aber gerade in einer Transformationszeit, wo es die Unternehmen gibt, die da schon sehr weit sind und die, die alles so machen „wie immer“. Das wird aber nicht mehr lange gut gehen.

Dafür muss sich auch das Mindset der handelnden Personen ändern, beispielsweise in den Personalabteilungen. Da zählt heute Geschwindigkeit. Kein Unternehmen kann es sich heute mehr erlauben, Wochen vom Bewerbungseingang bis zur Einstellung verstreichen zu lassen. Unternehmen, die schnell sind, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Auf der einen Seite haben junge Menschen natürlich ein Sicherheitsbedürfnis, haben Angst vor der Rente bzw. vor zu wenig Rente oder vor Altersarmut. Auf der anderen Seite ist es so, dass sie trotzdem den Wunsch haben, nur vier Tage zu arbeiten beispielsweise. In der Sendung „Markus Lanz“, in der du zu Gast warst, fragte Lanz, warum die Gen Z bei all den Sorgen nicht gerade dann eine Schippe drauflege. Ist das ein Widerspruch?

Das ist schon interessant, weil wir gerade eine ambivalente Situation erleben. Auf der einen Seite haben wir viele junge Menschen, die zum Beispiel wieder eine Beamtenlaufbahn anstreben, was bedeutet, dass ihnen Sicherheit wichtig ist. Gleichzeitig haben wir eine Arbeitsmarkt-Situation, die so gut ist wie nie zuvor. Wenn man heute gut ausgebildet ist, hat man die beste Ausgangslage, einen tollen Job zu finden. Auf der anderen Seite gibt es so viele Herausforderungen und Unsicherheiten, wegen derer junge Menschen sagen „es lohnt sich sowieso nicht mehr“. Rente gibt es eh nicht und auch wenn wir uns die Klimawandel-Thematik angucken: Wie wird das eigentlich in Zukunft aussehen, ist unser Planet noch lebenswert? Das sind ja Dinge, womit sich viele beschäftigen. Die Lebenseinstellung ist auch so ein bisschen YOLO – you only live once. Wir leben im Hier und Jetzt und niemand weiß, was die Zukunft bringt.

Da braucht es einfach ein neues Mindset, neue Herangehensweisen. Heute schon und in Zukunft noch mehr. Deswegen bin ich damit nicht einverstanden, dass wir sagen, die jungen Menschen legen keine Schippe drauf und die wollen nicht mehr arbeiten. Ja, sie wollen gesund bleiben, sie wollen nicht mehr nur arbeiten, sondern auch Zeit für die Familie haben, denn am Ende geht es um ein ganzheitlich gutes Leben. Aber sie wollen auch einen guten Job machen.

Auf deinem LinkedIn-Profil findet man dein Credo das da lautet: “The future of work is a matter of being human”. Was steckt dahinter?

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Ich glaube, wir müssen mehr den Menschen und die einzelnen Bedürfnisse in den Fokus holen. Aus meiner Sicht ist das die Voraussetzung für Leistung in Zukunft. Es ist schon klar, dass Wirtschaftsunternehmen gute Ergebnisse erzielen wollen. Das erreichen sie, indem sie sich auf das Potenzial, die Stärken und Talente der Menschen konzentrieren. Denn die Aufgaben werden komplexer und anspruchsvoller.

Natürlich haben wir alle unterschiedliche „Rollen“ im Job und im Privaten, aber dass wir uns nicht verstellen müssen, dass wir authentisch sein können, das ist wichtig. Sich ständig anpassen zu müssen, erfordert viel Energie, die dann wieder an anderer Stelle fehlt. Wir alle haben ja mal Sorgen und ich kann nur jeden ermutigen, auch im Job öfter darüber zu sprechen und zu sagen, „ich habe gerade ein privates Thema, ich kann gerade nicht die Leistung bringen wie sonst“. Denn zum Leben gehört der Job dazu, genauso wie das private Leben.

Das ist spannend, dass du das sagst. Ich bin eher mit dem Glaubenssatz ins Berufsleben gestartet, dass Berufliches und Privates nicht unbedingt vermischt werden sollten. Ist das etwas, dass die Gen Z jetzt auch aufbricht?

Vielleicht ist jetzt die folgende Generation da ein bisschen offener, aber es ist natürlich auch völlig ok zu sagen, das ist privat, das gehört hier nicht hin. In die Einstellung spielt aber auch mit rein, ob es überhaupt eine Kultur der psychologischen Sicherheit gibt. Ein Umfeld und Chefs und Chefinnen, denen ich auch mal sagen kann, „mir geht es gerade irgendwie nicht gut“.

Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, als vor sechs Jahren meine Mama gestorben ist. Das war eine schlimme private Situation. Und dann ist man eben heilfroh, wenn es Menschen im Arbeitsumfeld gibt, die da sind, die dafür Verständnis haben. Die auch sagen, „okay, jetzt geh mal ein paar Tage, ein paar Wochen und nimm du dir Zeit für dich“. Und – das ist meine Erfahrung – die Menschen geben das nachher zehnmal zurück, weil sie so dankbar sind, dass sie diesen Rückhalt haben, dass sie sich nicht verstellen müssen, sondern dass sie sich dann um die privaten Dinge kümmern können. Da sind wir auch beim Thema Bindungen. Diese Mitarbeiter*innen sind loyal, weil sie wissen, „okay, das ist menschlich, ich werde als Ganzes gesehen“. Das ist immer ein Geben und Nehmen. Und ich glaube, das ist am Ende gar keine Schwäche, sondern eine wahnsinnige Stärke, wenn man über solche Dinge offen spricht.

Hast du noch einen weiteren Tipp, den du jungen Menschen gerne mitgeben würdest?

Da gibt es viele Dinge! Eins ist mir besonders wichtig. Denn ich weiß, dass wirklich jeder Mensch ganz großartige Stärken hat! Und das fällt mir oft auf; ganz viele wissen das gar nicht. Vor allem im Job wird viel zu viel auf die Schwächen geguckt und wir alle – vor allem wir Frauen – wissen immer besser, was wir nicht können. Deswegen kann ich nur raten: Investiert in euch, in eure Persönlichkeitsentwicklung und entdeckt, was euch liegt und wirklich Spaß macht. Und das schon ganz früh!

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