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Ehrenwort

Enissa Amani im Interview:„Netflix hat mich nicht nach der Rocklänge ausgesucht“

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Schlau, frech und wahnsinnig witzig – das ist Comedienne Enissa Amani! Nach zahlreichen Auftritten auf Comedy-Bühnen, in TV-Shows und auch in Kinofilmen, wie Fack ju Göhte 2, bekommt die Deutsch-Perserin jetzt als erste deutsche Frau ein eigenes Comedy-Special auf Netflix! Seit dem 26. April ist ihre Show „Ehrenwort“ abrufbar. Wir haben Enissa zum Interview getroffen!

Enissa Amani während der Aufzeichnung ihres Netflix-Comedy-Specials „Ehrenwort“.

desired: Enissa, Du bist die erste deutsche Comedienne, die eine eigene Show bei Netflix bekommt. Herzlichen Glückwunsch erstmal dazu! Deine Auftritte sind dafür bekannt, dass Du ziemlich derbe Ausdrücke in den Mund nimmst, die von uns Frauen vielleicht auch nicht so erwartet werden. Vielleicht auch, weil der Gedanke immer noch verbreitet ist, dass man sich als Frau etwas zurückhalten sollte.

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Wie ist Netflix damit umgegangen? Erwartet die Zuschauer in Deiner Show trotzdem eine Enissa Amani, die natürlich direkt sagt, was sie denkt und zwar genauso, wie sie will oder gab es da Beschränkungen?

Enissa: Danke Dir! Ich freue mich erstmal, dass Du das sagst, weil die Wahrnehmung meiner Person tatsächlich sehr unterschiedlich ist. Manchmal höre ich, dass ich kein Blatt vor den Mund nähme. Das denkt man ja auch allgemein von Comedians. Aber immer wieder höre ich auch, und das denke ich auch selbst, dass ich eben nicht diejenige bin, die kein Blatt vor dem Mund nimmt. Ich spreche in meinen Shows zum Beispiel nie sexuelle Themen an, da bin ich einfach zu Persisch und auch zu konservativ. Ich würde auch nie Themen aufgreifen, die manche Kolleginnen haben, zum Beispiel, was auf der Toilette passiert oder so. Deshalb würde ich sagen, ich bin schon eher jemand, der sehr oft ein Blatt vor den Mund nimmt.

Ich traue mich aber, mich politisch zu äußern. Und damit meine ich nicht, dass ich den größten Politintellekt habe. Aber ich habe eine klare Meinung zu politischen Dingen, die will ich auch öffentlich machen. Wenn ich etwas sagen will zu Syrien, dann sage ich es. Und wenn ich etwas zum Iran sagen will, dann auch. Selbst wenn ich damit Leuten auch vor den Kopf stoße. Je nachdem was ich gerade sage, freuen sich die einen oder die anderen.

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Netflix ist damit sehr locker umgegangen. Gerade in diesem Comedy-Special habe ich mich auf gewisse Marken oder Zeitungen eingeschossen. Ich habe zum Beispiel ein langes Set über Rewe und die Bild-Zeitung. Da hatte ich schon etwas Angst, was Netflix und die Rechtsabteilung dazu sagen. Schließlich kann es ja auch mal juristische Grenzen geben. Aber sie haben mich da voll unterstützt. An einer Stelle sage ich sogar: „Scheiß auf Netflix!“ Wie cool muss man da als Unternehmen sein? Ich bin jetzt sehr gespannt, wie die Leute reagieren, wenn sie meine Show sehen.

Du bist auch Teil von Rebell Comedy und dort auch die einzige Frau mit einem festen Platz im Programm. Hast Du manchmal das Gefühl, das Du Dich beweisen musst in der Männerdomäne?

Da muss ich etwas ausholen. Ich bin ein Mensch, der sehr stark ans Visualisieren glaubt. Also, wenn ich mir etwas vorstelle, gut oder schlecht, dann passiert das auch. Daran glaube ich sehr stark. Die Netflix-Show war so ein Tagtraum von mir und irgendwann hat es geklappt! Weil ich keine Geschwister habe, habe ich zum Beispiel aber auch immer davon geträumt, zu einer Gruppe zu gehören, zu einer Crew. Ich bin nämlich ungern Einzelkind, ich wollte immer Geschwister haben. Ich bin ja auch mit ganz wenig Kohle aufgewachsen und ich habe immer gedacht, eine Crew würde mir unheimlich viel Stabilität und Freude geben.

Und auch da habe ich so lange von geträumt und dann ist der Traum mit Rebell Comedy plötzlich wahr geworden. Jetzt habe ich endlich eine Crew und die besteht auch noch aus neun Jungs und das genieße ich sehr. Ich muss mich da auch nicht beweisen, aber ich falle da manchmal schon anders auf (lacht): Zum Beispiel, wenn wir auf Tour sind, und die einfach ohne mich aus der Halle rennen und ich dann hinterher renne und schreie: „Wartet auf mich!“ Da geben sie manchmal vielleicht nicht so sehr Acht. Aber das war mein Wunsch und jetzt habe ich meine Crew. Nur das ist wichtig.

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Nervt es Dich, dass in vielen Porträts und Artikeln über Dich super viel Wert auf Dein Aussehen gelegt und gerade dieses in den Vordergrund gestellt wird?

Ja, auf jeden Fall. Auch wenn es ein Kompliment ist und ich mich natürlich auch über Komplimente freue. Aber ich bin auch mehr als das. Außerdem ist die Comedy-Branche voll von schönen Frauen: Schau Dir Carolin Kebekus oder Katrin Bauerfeind an. Fast alle Mädels sind übertrieben schöne Frauen aus meiner Comedy-Umgebung. Aber ich bin halt ein anderer Typ. Damit meine ich: Ich trage vielleicht Heels und bin immer gestylt, aber es geht oft nicht um Deine Fresse, sondern um das, was du daraus machst. Ich habe die Erfahrung auch mit meinen deutschen Freundinnen gemacht.

Wunderschön und nicht auf den Mund gefallen: Enissa Amani ist die erste deutsche Frau, die ein Netflix Original bekommt!

Auch zu meiner Freundin Christina habe ich des Öfteren gesagt: „Du bist so hübsch, föhn dir doch mal Deine Haare!“ Das kenne ich aus dem Iran ebenso. Da trägt man natürlich Föhnfrisur und Lidstrich. Und in Deutschland gibt es so viele bildhübsche Mädchen, auch unter meinen Freundinnen, aber die wählen dann vielleicht eher den flachen Schuh oder eher nur leicht getöntes Make-up. Und ich war dann zwischen den beiden Gesellschaften immer hin und her gerissen. In Deutschland falle ich damit in ein Klischee, mit dem man einen anderen Typ Frau verbindet. Der bin ich aber nicht. Ich selbst kann mit so einer oberflächigen Frau, mit der ich mich nicht unterhalten kann und deren Leben nur aus Lipgloss besteht, nichts anfangen. Und die Menschen, mit denen ich mich verstehe, laufen nicht wie ich in Heels herum. Und das hat es mir eher erschwert, den Respekt und die Anerkennung zu bekommen, dass die Leute auch erkennen, wer ich eigentlich bin.

Schau dir im Video an, was Enissa Amani Männer schon immer mal sagen wollte:

DES_MSC_20184-106_Enissa Amani Interview direct.mp4
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Mir macht es nichts aus, wenn mich jemand erkennt und sagt: „Ich kenne dich, aber ich mag dich nicht, du bist mir nicht sympatisch!“ Das ist nicht so schmerzhaft, als wenn dich jemand erkennt und sagt: „Ich mag dich nicht, weil du dich nur mit Lipgloss beschäftigst!“ Tu ich aber gar nicht! Das ist das, was mich abfuckt. Inzwischen habe ich aber die Anerkennung und inzwischen weiß die Comedybranche auch, dass ich zum Beispiel auch für andere Comedians schreibe. Und auch, dass ich jetzt als erste deutsche Frau ein Netflix Comedy-Special bekomme, ist für mich eine Bestätigung. Netflix hat mich bestimmt nicht nach meiner Rocklänge ausgesucht, sondern sie zielen natürlich auf guten Content ab.

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Wir danken Dir für das Interview, Enissa!

Bildquelle: Netflix