Unter dem Hashtag #bodypositivity zeigen vor allem Frauen auf Instagram die vermeintlichen Makel an ihren Körpern, die sie versuchen zu akzeptieren und lieben zu lernen. Immer häufiger findet man unter diesem Hashtag sogenannte „Same Body, different Pose“-Bilder. Hier zeigen meist schlanke Frauen sich auf der einen Seite in einer perfekt gestellten Pose und auf der anderen in einer „realeren“. Eigentlich eine schöne Idee um zu zeigen, dass auf Instagram eben nicht alles so ist, wie es scheint. Doch mittlerweile hagelt es immer mehr Kritik. Ist diese berechtigt?
Als ich zum ersten Mal eines der besagten Bilder sah, habe ich mich sofort angesprochen gefühlt. Denn auch wenn ich in Großem und Ganzen mit meinem Körper zufrieden bin, erwische ich mich an schlechten Tagen dabei, wie ich mich mit all den vermeintlich perfekten Frauen auf Instagram vergleiche. Dann frage ich mich, warum ihre Taillen so viel schmaler sind als meine, ihre Haut so viel glatter, ihre Beine so viel schlanker. Natürlich weiß ich, dass nicht alles echt ist, was man auf Instagram sieht und dass die meisten dieser Fotos sicherlich mindestens drei Mal durch Photoshop, Facetune und Co. gejagt wurden. Genau deshalb fand ich den „Same body, different pose“-Trend so erfrischend, als ich ihn das erste Mal sah. Er verdeutlicht das, was man eigentlich ohnehin schon weiß.
Auch schlanken Frauen kann es schwer fallen, sich nicht perfekt zu zeigen
Denn sind wir mal ehrlich: Die wenigsten von uns posten wohl das erstbeste Bild, das sie mit dem Handy machen in den sozialen Medien. Meist gelingt erst nach mehreren Anläufen das perfekte Selfie, auf dem dann noch immer irgendein Haar nicht richtig sitzt oder ein Pickel stört. Influencer haben dieses Spiel perfektioniert und wissen ganz genau, wie sie posen müssen und wie das Licht fallen muss, damit man kein Gramm Fett an ihrem Körper erkennt. Doch machen sie das, weil sie uns zeigen wollen, wie viel hübscher sie sind? Oder weil auch sie Unsicherheiten haben und den Druck verspüren, einem Schönheitsideal zu entsprechen, das sie damit wiederum weiter fördern?
Glaubt man ersteres, dann ist auch die Kritik am „Same body, different pose“-Trend leicht nachzuvollziehen. Demnach haben die „normschönen“ Influencerinnen einfach gemerkt, dass diese Bilder meist viele Likes bringen und strecken ihre Bäuche deshalb bewusst raus oder quetschen die Haut an den Oberschenkeln zusammen, um uns ihre Cellulite zu zeigen.
Okay, zugegeben, einige der Bilder wirken wirklich ein bisschen albern. Die vermeintlich „reale“ Pose auf ihnen ist vermutlich genauso gestellt wie die perfekte. Trotzdem wird es wohl den meisten Frauen erst einmal schwer fallen, sich auf einer Plattform, die von der Selbstinszenierung lebt, nicht von ihrer schönsten Seite zu zeigen. Doch je mehr Leute sich dazu überwinden, desto normaler wird genau das irgendwann werden. Und desto größer wird auch das Bewusstsein dafür, wie sehr die richtige Pose einen Körper verändern kann.
#Bodypositivy ist nicht der richtige Hashtag
Nun geht die Kritik aber noch weiter. Viele stören sich vor allem daran, dass diese Bilder unter dem Hashtag #bodypositivity geteilt werden. Um das zu verstehen, muss man sich mit der Geschichte der Bodypositivity-Bewegung auseinandersetzen. Diese wurde gegründet, um Frauen zu empowern, die tatsächlich wegen ihrem Körper diskriminiert werden. Das betrifft zum Beispiel stark übergewichtige, behinderte oder Schwarze Frauen. Die Erfahrungen dieser Menschen lassen sich oft nicht mit denen „normschöner“ Frauen vergleichen.
Sicherlich haben auch viele schlanke, weiße Frauen schon negative Erfahrungen mit Sprüchen zu ihrem Aussehen gemacht. „Kann es sein, dass du zugenommen hast?“, „Zieh lieber einen längeren Rock an, dann sieht man deine Cellulite nicht“ oder „An deiner Stelle würde ich besser einen Push-up tragen“, sind nur einige Beispiele, die vor allem junge Frauen stark verunsichern und verletzen können. Doch nur weil eine Frau kleine Brüste, Cellulite oder fünf Kilo zugenommen hat, muss sie nicht fürchten, einen Job nicht zu kriegen oder von einem Arzt nicht ernst genommen zu werden. Und hier liegt der Unterschied zwischen persönlichen negativen Erfahrungen und struktureller Diskriminierung.
In diesem Video erklären wir dir die Ursprünge der Body Positivity-Bewegung:
Mit diesem Hintergrundwissen kann man sich nun also noch einmal überlegen, ob man das Bild der Cellulite beim Sitzen wirklich unter #bodypositvity postet oder doch lieber einen anderen Hashtag wählt. Denn natürlich ist es für übergewichtige Personen nicht unbedingt motivierend, wenn sie unter dem Hashtag ihrer Community nach Gleichgesinnten suchen und ihnen nur schlanke Frauen entgegen strahlen, die zwar auch ihre Selbstzweifel haben können, aber eben nicht jeden Tag von der Gesellschaft vor Augen geführt kriegen, dass mit ihnen etwas nicht in Ordnung sei.
Nicht jeder wird mit der richtigen Pose schlank
Denn auch das ist ein wichtiger Kritikpunkt: Nicht jeder kann einfach den Bauch einziehen und den Hintern rausstecken und hat plötzlich den Körper eines Fitnessmodels. Das zeigt die Influencerin @danielleisanxious auf ihren Vergleichsfotos. Auch mit einer anderen Pose sehen Betrachter in ihr noch immer eine übergewichtige Frau.
Wie soll man sich als schlanker Mensch mit Selbstzweifeln aber nun verhalten? Auf Bilder dieser Art verzichten? Ich denke nicht, dass das der richtige Ansatz wäre. Denn nur, weil die Probleme anderer schlimmer sind, heißt es nicht, dass man die eigenen einfach runterschlucken muss.
Bildquelle: Stocksy/LILIYA RODNIKOVA
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