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Podcast mit Jennifer Klinge

Frauen ab 30 und der Druck: „Ich lasse aus meinem Leben kein Worst-Case-Szenario machen!“

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Alter ist nur eine Zahl? Von wegen! Ab einer bestimmten Zahl ist diese Floskel hinfällig, vor allem bei Frauen. Die Rede ist natürlich von der großen 30. Was wird ab diesem Alter nicht alles erwartet? Kind, Ehe, Eigenheim – um nur ein paar Stichpunkte der gesellschaftlichen Erwartungen zu nennen. Welchen Druck das auf Frauen ausübt und wie wichtig das eigene Timing ist, hat die Autorin Jennifer Klinge in ihrem Buch „Auch gut!“ beschrieben – und, dass es vor allem auch anders (und gut) geht!

„Single, Mitte 30, kinderlos, weiblich – für viele Menschen gleicht das einem Worst Case-Szenario in puncto Lebensentwurf.“ Kommt dir das bekannt vor? Mit Anfang 30 hatte Jennifer plötzlich das Gefühl, mit allem im Leben „zu langsam“ zu sein. Denn wie es scheint, gibt es einen allgemeingültigen Masterplan für ein „gutes Leben“ für Frauen ab 30. Unsinn! Denn es geht nicht immer nur geradeaus und das ist auch gut so. So entstand Jennifers Idee zum Buch, Menschen zu ermutigen und dem eigenen Timing im Leben zu vertrauen. Bei sich zu bleiben, seinem eigenen Timing zu vertrauen und Umwege nicht mit Scheitern gleichzusetzen, seien kolossal wichtig, um nicht dem gesellschaftlichen Druck zu erliegen, der auf Dauer krank macht. Im Interview erzählt die Autorin, Texterin und Digitalstrategin offen und ganz persönlich ihre Geschichte und wie wir der „Auch-gut-Menatlität“ näherkommen.

Die ist eine gekürzte schriftliche Form unseres Podcasts. Die gesamte Folge kannst du hier hören.

Jennifer, du beschreibst in deinem Buch sehr treffend sogenannte „so-macht-man-das“-Sätze oder nennst es die „Mach-mal-hinne“-Bewegung – die explizit an Frauen gerichtet sind. Warum glaubst du, wird da so viel Druck und so viel Erwartung auf uns gelegt?

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Jennifer: Es sind Geschlechterrollen, die sich einfach einzementiert haben: Frau, Mann, Kind, Happy End. „Du findest nur mit einem Mann an deiner Seite deine wahre Bestimmung“ – das sind Überbleibsel aus einer Gesellschaft, die so geformt wurde. Wo das alles herkommt, mit der Ehe, dass die Frau fürs Heim zuständig ist, der Mann für die Arbeit zuständig ist, das würde jetzt den Rahmen sprengen. Es sind diese eindimensionalen Erzählungen, dass das Mutterwerden gleich Frausein meint, die einen wahnsinnigen Druck machen. Ich möchte doch nicht die ganze Zeit nur als Eierfabrik gesehen werden! Ich möchte niemanden für seine Lebensentwürfe bashen. Wenn man sagt, ich bin total gerne in dieser Rolle und definiere so mein Frausein, ist das total fein. Es darf nur nicht diese Übervorlage für alle Frauen sein, das kann Minderwertigkeitsgefühle- und Mangelgefühle erzeugen, wenn es Abweichungen gibt – und das ist einfach scheiße.

„Auch gut! Neue Impulse zum Frausein, zu gesellschaftlichen Erwartungen und dem eigenen Timing ab 30“ ist erschienen bei Palomaa Publishing. Hier kannst du Jennifer Klinges Buch kaufen.

Jennifer Klinge : Auch gut!

Jennifer Klinge : Auch gut!

Preis kann jetzt höher sein. Preis vom 30.04.2024 21:00 Uhr

Wie hast du dir denn früher dein Leben mit 30 vorgestellt?

Ehrlich gesagt hatte ich keine konkrete Idee oder einen Wunsch. Ich hatte da zwar schon so diese Vorstellung im Kopf: Erwachsen sein heißt mit einem Partner zusammenzuleben, verheiratet sein, Kinder haben, in einem Haus wohnen – aber nur, weil ich dahingehend sozialisiert wurde. Es war halt die Storyline, wie man sie auch überall in Filmen zu sehen bekam. Ich habe das nie hinterfragt.

Erste Zweifel kamen mir dann mit Anfang 30. Ich wurde plötzlich als Worst-Case-Szenario abgestempelt, die Crazy Cat Lady, die irgendwann tot und angeknabbert ohne Familie in ihrer Wohnung liegt. Ich war ziemlich lost, denn bei anderen ging es so rasend schnell und bei mir so lähmend langsam. Meine WG hat sich aufgelöst, dabei waren bis dato meine besten Freundinnen meine Familie. Ich habe mich selbstständig gemacht, andere gründeten Familien. Das alles hat ein Gefühl von „ich verlier ein bisschen die Kontrolle“ hinterlassen und dass ich wirklich keine Ahnung hatte, wie mein Weg weitergeht. Denn diesen allgemeingültigen Masterplan für Frauen ab 30 konnte ich nicht abhaken und mir fehlte die eigene Vision für mein Leben.

Dieser „Die-Zeit-wird-knapp-Druck“ hat – zusammen mit noch weiteren Faktoren – in eine mentale Krise mit Angstzuständen gestürzt. Wie bist du mit dieser Angst und dem Druck fertig geworden?

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Ängste sind bei jedem Menschen anders, deswegen kann ich nur von mir sprechen. Für mich war der richtige Schritt damals erst mal aus Altem rauszugehen und auch wirklich im Kopf in Bewegung zu kommen. Ich habe mich viel mit Persönlichkeitsentwicklung, mit Glaubenssätzen und Geschlechterrollen beschäftigt und mit der Frage: Woher kommt dieser Druck überhaupt? Muss ich mich dem beugen? Je mehr ich darüber weiß, umso mehr kann ich in eine Selbstwirksamkeit kommen und entscheiden: Glaube ich dem Ganzen, ziehe ich mir den Schuh an, lasse ich aus mir ein Worst Case Lebensszenario machen?

Bleib doch mal ein bisschen im Moment und bleib mal offen dafür, was das Leben vielleicht so mit dir vorhat.

Statt nur hinterherzurennen und so vermeintliche Haken an Ereignisse setzen zu können, bin ich mit mir in den Dialog gegangen. Was will ich eigentlich und was gibt es da draußen noch fernab von den kindlichen Vorstellungen, die ich hatte oder denen die Medien und Co. uns halt erzählt haben? Das war schon ein Gamechanger und dadurch konnte ich irgendwie einen Frieden in mir schaffen und mich selbst in einen nächsten Entwicklungsschritt heben. Aber wie gesagt, Angstzustände sind total komplex, da spielen so viele Sachen mit rein. Aber zumindest mit diesem „Oh Gott, ich bin nicht da, wo ich sein müsste“-Angstgefühl, kann ich dadurch besser umgehen.

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Welche Tipps hast du für Frauen, mit diesen übergriffigen Fragen a là „wann ist es denn so weit?!“ umzugehen?

Was mir total geholfen hat – das hat mir eine Therapeutin erklärt – ist, diese Fragen immer erst mal so ein bisschen auszusieben und das dahinter zu verstehen. Dann merkt man: Krass, das ist wie ein Paket mit Sorgen von diesen Menschen, was übergeben wird. Denn die Frage, wann man denn zum Beispiel eine Familie gründen will, sagt mir superviel über diese Person. Nämlich, dass in diesem Kosmos eine eigene Familie und Kinder für das Sicherheitsempfinden sehr wichtig ist. Das hilft mir am allermeisten, dass ich merke: Es geht gar nicht um mich, sondern es geht um die fragende Person.
Und natürlich kann man diesen Fragen je nach Situation ganz direkt begegnen und sagen: „Ich finde das jetzt ein bisschen sehr privat ehrlich gesagt.“ Und Schlagfertigkeit oder auch ein wenig Provokation kann ebenso helfen – es kommt natürlich auf die Situation an. Zum Beispiel auf die Frage entgegnen, mit: „Ich schlafe halt gerne aus, deshalb will ich keine Kinder.“

Und was bei dir im Buch ein großes Schlüsselwort ist, ist das Timing. Wie können wir es schaffen, unser Timing für uns selbst auszumachen, ohne uns dabei unnötig unter Druck zu setzen?

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Das ist natürlich eine Königsdisziplin ohne Frage, aber ich finde es wichtig, erst mal auch zu verstehen, Timing für was denn? Sind das wirklich meine Wünsche, oder sind das die Wünsche, von denen ich denke, ich muss sie haben und mir dafür ein Timing überlegen? Ich weiß, diese Unterscheidung ist megaschwer, weil das manchmal so verklebt und verworren ist, dass man gar nicht mehr richtig unterscheiden kann. Aber sich wirklich Zeit zu nehmen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und zu überlegen, was brauche ich denn, um glücklich zu sein? Wie sollte ein Tag für mich strukturiert sein? Wie, wo möchte ich leben, wenn ich denn überhaupt diese Privilegien habe, das auch so zu entscheiden?

Weil da sind wir ja beim nächsten großen Thema: immer diese Imperative, die ignorieren, dass Lebensrealitäten einfach unterschiedlich aussehen können. Es geht immer darum, möglichst früh möglichst viel irgendwie schon abhaken zu können. Aber – ganz klischeehaft gesprochen – das nächste Ding ist ja dann: „Oh Gott, die 40 naht!“ Doch was ist, wenn wir bis dahin schon alles verballert haben, an dem, was man so erreichen kann? Alles ist gefunden, alles ist da, was passiert dann? Was kommt denn dann noch so an Highlights?

Klar, ab einem gewissen Alter sind einfach biologische Grenzen fürs Kinderkriegen da. Aber deswegen müssen wir doch nicht unser komplettes Leben auch so krass an Alterszahlen ausmachen! Bleib doch mal ein bisschen im Moment und bleib mal offen dafür, was das Leben vielleicht so mit dir vorhat. Es ist doch alles irgendwie wie eine große Reise und da haben wir eben verschiedene Stopps drin.

Die ist eine gekürzte schriftliche Form unseres Podcasts. Die gesamte Folge kannst du bei Spotify & Co. oder YouTube hören.

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Bildquelle: Anna-Maria Langer Fotografie

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