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Rückschrittig

Divine Feminine: Warum der TikTok-Trend toxisch und gefährlich ist!

divine

Auf TikTok und Instagram trendet derzeit das der Begriff Divine Feminine. In zigtausenden Videos erklären Frauen anderen Frauen, wie sie (wieder) in ihre weibliche Energie, gar Gottheit kommen. Was zunächst nach Empowerment klingt und in der Theorie viel mit Selfcare zutun hat, ist bei genauerem Hinsehen ziemlich rückschrittlich.

Als ob uns nicht schon genug Alpha- oder Sigma-Males auf TikTok begegnen, ziehen auch Frauen mit und bedienen sexistische Klischees und veraltete Rollenbilder. Divine Feminine oder Godess Energy ist auf sozialen Plattformen das Schlagwort der Stunde. Fast 190 Millionen Aufrufe hat der Hashtag Divine Feminine auf TikTok. Auf Deutsch übersetzt bedeutet Divine Feminine „Weibliche Gottheit“. Neu ist der Begriff nicht, doch bei diesem Social Media-Trend wird er als Pseudo-Esoterik neu verpackt.

Was bedeutet Divine Feminie?

Die selbst ernannten Divine Feminine-Expertinnen gehen davon aus, dass jeder Mensch feminine und maskuline Energie in sich trägt. Geht es uns schlecht, liege das daran, dass diese Energien aus dem Gleichgewicht geraten sind – die männliche Energie überwiegt bei unzufriedenen Frauen. Deshalb müssten sie sich in so einem Fall aktiv mit sich selbst beschäftigen, an sich arbeiten und zu ihrer weiblichen Gottheit zurückfinden. Bis hierhin zwar verständlich. Doch die Theorie geht 1.) nur von weiblichen und männlichen Energien aus. Eine Graustufe, einen Zwischenton oder einfach gar kein Geschlecht findet sich nicht. Und 2.) sind die Attribute „typisch männlicher“ und „typisch weiblicher“ Energien so dermaßen stereotyp und klischeebehaftet, dass sich das Patriarchat aus lauter Vorfreude auf die angehenden „Göttinnen“ die Hände reiben wird.

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Typisch weibliche Energie:

Typisch männliche Energie:

  • diszipliniert
  • logisch
  • zielgerichtet
  • entscheidungsfreudig
  • analytisch
  • vernünftig
  • kräftig (psychisch wie physisch)

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Die Divinine Feminine Energy zurückerlangen

So und wie können weibliche Göttinnen, die sich auf dem Weg der kümmernden, umsorgenden Schönheit verloren haben, wieder in ihre Godess Energy gelangen? Im Grunde durch eine Extraportion Selfcare: Yoga machen, ein Spaziergang in der Natur, Entspannung, kochen und backen, tanzen oder sich einem kreativen Hobby widmen bzw. eins für sich entdecken. So weit, so typisch Selfcare-mäßig und nachvollziehbar.

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Doch in vielen dieser TikTok-Videos werden durchaus problematischere Ratschläge gegeben, die für „weibliche Energie“ sorgen sollen. Nämlich, sich schön anzuziehen, sich zu schminken, aufzubrezeln, präsentieren. Und zwar auch für alltägliche Anlässe. Denn klar, das Aufhübschen ist typisch Frau und kann ihr doch nur guttun, oder? Wenn du dich damit wohlfühlst und ein schönes Make-up und das Tragen deines Lieblingskleids eh schon zu deinem Repertoire an Stimmungs-Boostern zählt: Go for it! Es ist ja auch was dran … Das Schwierige an den Ratschlägen der Divine Feminine-Anhängerinnen ist vielmehr die reine Objektifizierung der Frau, bei der im Fokus steht, dass sie attraktiv ist. Tätigkeiten und Verhaltensweisen, die lange mit dem „typischen Frausein“ assoziiert wurden und darauf abzielen, anderen zu gefallen, stehen im Vordergrund. Denn Tipps oder Aktivitäten, die sich darum drehen, analytisch, strategisch und entscheidungsfreudig Probleme anzugehen, sucht man vergebens. Denn – siehe oben – all das sind ja auch typisch männliche Energien, die weibliche Göttinnen ganz aus dem Energie-Konzept zu bringen scheinen.

Beziehungstipps weiblicher Gottheiten

Noch abstruser werden Tipps, um die Beziehung zu pflegen. In den eigentlich ausschließlich heterosexuellen Partnerschaften haben Divine Frauen super Ideen auf Lager, um ihren (Alpha) Mann bei Laune zu halten, denn das ist gleichbedeutend mit glücklicher Partnerschaft oder Ehe. Die Lösung sei, sie beinahe mütterlich in Schutz zu nehmen, empathisch, verständnis- und liebevoll zu sein, zurückhaltend und nicht fordernd. „Gebe nicht mit deinen Erfolgen an“, lautet ein Tipp auf TikTok. Ein weiter: „Ihre Egos mögen es nicht, wenn man ihnen das Gefühl gibt, dass sie etwas falsch machen.“ Das Führen wird von den Männern übernommen, das Betüddeln von den Frauen. Klingt verdächtig nach Unterdrückungsmechanismen und Sexismus – wird bei TikTok aber eben unter dem Deckmantel der Divine Feminine Energy verpackt. Toxisch hoch 1000.

Die Vorbilder der Divine Feminine-Girls

Auch allerlei Vorbilder haben die Fans der Divine Feminine Bewegung: Angelina Jolie, die nicht durch die harte Arbeit an ihren Erfolg gekommen ist, sondern durch den Einsatz ihrer göttlichen femininen Energie. Galionsfigur der Bewegung ist ebenfalls Megan Fox, die in einem Interview davon sprach, dass wir als Divine Feminine viel Macht hätten. Normschöne, berühmte Frauen, die eine rein objektiv betrachtet verruchte, selbstsichere, verführerische Ausstrahlung haben. Abseits dieser Norm findet sich allerdings nichts und niemand als Vorbild (nicht einmal Blondinen!). Auch die Ziele der Divine Feminine-Ladies bleiben bei Singles schleierhaft und bei vergebenen Göttinnen glasklar: Heiraten und für den Mann sorgen.

Divine Feminine in der Spiritualität

Energie, Weiblichkeit, Selbstfürsorge – all das sind Keywords, die von einer ganz anderen Sorte TikTokerinnen in einem ganz anderen Kontext gebracht werden. In der spirituellen Bubble wird Divine Feminine nämlich mit dem Setzen von Grenzen, dem Schutz der eigenen Energie und dem Feiern der Weiblichkeit und des Feminismus in Verbindung gebracht. Das Männliche und Weibliche existieren getreu der chinesischen Philosophie im Gleichgewicht, im Yin und Yang. Doch die Grenzen der Divine Feminine sind undurchsichtig und verworren in der wirren TikTok-Welt.

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Was können wir um den Hype der Divine Feminine mitnehmen? Sich seiner Grenzen bewusst zu werden und – wenn man es denn braucht – seine Weiblichkeit in vollen Zügen zu genießen, klingt erst mal löblich. Selbstfürsorge zu predigen, um am Ende aber eine toxische (weibliche) Antwort auf toxische Männlichkeit zu geben und alte Geschlechterrollen mit sexy Videos und vermeintlichen Ratschlägen zu neuem Leben zu erwecken – ein No Go im Jahr 2023.

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Bildquelle: IMAGO/Allstar

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