Wir alle kennen das wohlige Gefühl einer Umarmung oder einer sanften Berührung. Doch was passiert, wenn uns dieser Körperkontakt fehlt? Ein Phänomen, das als „Skin Hunger“ bekannt ist, kann weitreichende Folgen für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden haben. Und nein, nicht, weil du plötzlich Vampir-mäßig Lust auf Menschenfleisch hast ... Erfahre, wie du deinem Hunger nach Berührung begegnen kannst.
Was ist Skin Hunger?
Stell dir vor, deine Haut hätte einen Magen, der knurrt, wenn er leer ist. Genau so kannst du dir Skin Hunger vorstellen. Es beschreibt ein tiefes Verlangen nach körperlicher Berührung und Nähe. Dabei geht es nicht nur um romantischen oder sexuellen Kontakt, sondern um jede Art von positiver Berührung – von einer freundschaftlichen Umarmung bis hin zu einer beruhigenden Hand auf der Schulter.
Gibt es tatsächlich Berührungsmangel?
Oh ja, und wie! In unserer zunehmend digitalisierten Welt, in der wir mehr Zeit vor Bildschirmen als mit Menschen verbringen, ist Berührungsmangel ein echtes Problem. Das könnte zum Beispiel auch daran liegen, dass Deutschland zu den Ländern mit den meisten Single-Haushalten (41 Prozent) in Europa zählt. Die Corona-Pandemie hat dieses Phänomen noch verstärkt bzw. erst deutlich gemacht. Plötzlich waren Umarmungen tabu und selbst ein Händedruck wurde zur Seltenheit. Kein Wunder, dass viele Menschen einen regelrechten „Berührungskater“ entwickelt haben. Und das Gefühl ist natürlich auch ganz ohne Pandemie und Beschränkungen für viele weiterhin existent.
Woher weiß ich, ob ich unter Berührungsmangel leide?
Dein Körper ist schlauer, als du denkst, und sendet dir Signale, wenn ihm etwas fehlt – auch wenn du sie vielleicht bis jetzt noch nicht als „Hauthunger“ identifizieren konntest. Hier ein paar Anzeichen, die auf Skin Hunger hindeuten könnten:
- Du fühlst dich oft einsam, auch wenn du von Menschen umgeben bist.
- Du sehnst dich nach körperlicher Nähe und fantasierst häufig darüber.
- Stress und Anspannung sind deine ständigen Begleiter.
- Du hast Schwierigkeiten einzuschlafen oder durchzuschlafen.
- Deine Stimmung ist oft gedrückt, und du fühlst dich antriebslos.
Was passiert, wenn wir unter Berührungsmangel leiden?
Skin Hunger ist mehr als nur ein unangenehmes Gefühl – es kann viele Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden haben:
- Stressanfälligkeit: Ohne regelmäßige, positive Berührungen steigt unser Cortisolspiegel. Das macht uns anfälliger für Stress und seine negativen Folgen.
- Schlafprobleme: Berührungsmangel kann zu Einschlaf- und Durchschlafstörungen führen. Das wiederum beeinträchtigt unsere Erholung und Regeneration.
- Depressive Verstimmungen: Fehlender Körperkontakt kann zu Gefühlen von Einsamkeit und Isolation führen, die wiederum depressive Symptome verstärken können.
- Geschwächtes Immunsystem: Studien zeigen, dass Menschen mit wenig Körperkontakt anfälliger für Krankheiten sein können.
- Verminderte Leistungsfähigkeit: Konzentrationsschwierigkeiten und ein Gefühl von Antriebslosigkeit können Folgen von Skin Hunger sein.
- Beziehungsprobleme: Paradoxerweise kann Berührungsmangel dazu führen, dass wir uns in Beziehungen unwohl mit Nähe fühlen oder übermäßig anhänglich werden.
Warum ist die menschliche Berührung so wichtig?
Berührungen sind nicht nur nett, sie sind lebenswichtig. Unser Körper reagiert auf positive Berührungen wie ein gut geöltes Räderwerk, wie etliche Studien (eine der neuesten findest du hier) bereits belegt haben:
- Stress? Ade! Berührungen senken den Cortisolspiegel und lassen uns entspannen.
- Hello, Glücksgefühle! Oxytocin, das „Kuschelhormon“, wird ausgeschüttet und sorgt für gute Laune.
- Immunbooster deluxe: Regelmäßiger Körperkontakt stärkt unser Immunsystem.
- Herz, was willst du mehr? Berührungen können Blutdruck und Herzfrequenz senken.
Skin Hunger – was tun?
Keine Sorge, es gibt zwar kein Mittel gegen Skin Hunger, aber jede Menge andere Möglichkeiten, deinen Hunger nach Berührung zu stillen. Und zwar solche, bei denen du nicht creepy wirkst, versprochen. Sei proaktiv und trau dich, deine Freund*innen oder Familie nach einer Umarmung zu fragen – denn wer weiß, vielleicht freuen sie sich genauso über den Körperkontakt? Auch Selbstfürsorge kann wahre Wunder bewirken: Gönn dir regelmäßige Massagen oder Pediküren, um deinem Körper die Berührung zu geben, nach der er sich sehnt.
Wenn du Tiere magst, könnte ein Haustier die Lösung sein. Aber bitte nur, wenn es wirklich zu deinen Lebensumständen passt. Die meisten Hunde und Katzen sind immer für eine Kuscheleinheit zu haben. Bist du eher der sportliche Typ? Dann probier doch mal Aktivitäten aus, die Körperkontakt beinhalten. Tanzen oder Kampfsport bringen dir nicht nur gesundheitlich etwas, sondern sorgen auch für Berührung mit anderen Menschen. Und wenn dir das alles zu viel ist, kannst du auch mit DIY-Berührung anfangen: Selbstmassagen, eine heiße Badewanne oder das sanfte Bürsten deiner Haut können tatsächlich helfen, den Hunger zu stillen und dir ein Gefühl von Geborgenheit zu geben.
Und eine spannende, wissenschaftliche Erkenntnis zum Thema Berührungen kommt von der Ruhr Universität Bochum, die 130 internationale Studien rund um das Thema ausgewertet haben: „Es gilt nicht, je länger die Berührung, desto besser“, fasst Julian Packheiser vom Institut für Kognitive Neurowissenschaft zusammen. Als günstiger erwiesen sich kürzere, aber häufigere Berührungen. „Es muss keine teure, lange Massage sein“, so der Forscher, „auch eine kurze Umarmung zeigt eine positive Wirkung.“
Du bist mit deinem Skin Hunger nicht allein
Nimm deinen Skin Hunger ernst! Er ist kein Luxusproblem, sondern ein echtes körperliches Bedürfnis mit potenziell schwerwiegenden Folgen. Sei kreativ und mutig in deiner Suche nach Berührungen. Ob du nun anfängst, deine Freund*innen öfter zu umarmen, Bekannten und Kolleg*innen hin und wieder auf die Schulter klopfst oder dich für einen Massage-Kurs anmeldest – jeder Schritt in Richtung mehr Berührung ist ein Schritt zu mehr Wohlbefinden. Und denk daran: Du bist nicht allein mit deinem Hunger nach Nähe. Viele Menschen sehnen sich nach mehr Berührung in ihrem Leben. Also, trau dich und sprich darüber. Wer weiß, vielleicht wartet dein nächster Umarmungsbuddy schon direkt neben dir!