Es gibt wohl kaum eine Frau auf dieser Welt, die nicht schon mal auf offener Straße von Männern belästigt wurde. Eine Studentin aus Amsterdam wollte sich all die Pfiffe, dummen Sprüche und körperliche Annäherungsversuche nicht mehr länger gefallen lassen. Sie zeigt nun Fotos ihrer unangenehmen Erfahrungen auf dem Instagram-Channel dearcatcallers. Wie das aussieht und ob das eine gute Strategie ist, erfährst du hier.
Mit Selfies gegen sexuelle Belästigung
Was tust du, wenn dir auf offener Straße dämliche Anmachsprüche zugerufen werden? Wie viele Frauen versuchst du wahrscheinlich, diese einfach zu ignorieren und den Typen bloß nicht zu provozieren – wer weiß, was sonst noch passieren könnte. Die 20-jährige Noa Jansma wollte die regelmäßigen negativen Erfahrungen in der Öffentlichkeit nicht mehr länger totschweigen. Also nahm sie fortan stets ihr Smartphone zur Hand, sobald ihr ein Mann dumm kam, und machte zusammen mit ihm ein Selfie.
Zuvor habe sie nie so recht gewusst, wie sie mit diesem Problem am besten umgehen sollte. In einem BBC-Interview erzählt Noa, wie derartige Situationen in der Vergangenheit häufig eskaliert seien und ihr Angst bereitet hätten. Bloßes Ignorieren war jedoch auch keine zufriedenstellende Option. So entstand die Idee zum öffentlichen Instagram-Account dearcatcallers, auf dem sie seit Ende August dieses Jahres bereits 23 solcher Vorfälle dokumentiert hat.
Auf Noas Selfies ist sie stets im Vordergrund zu erkennen, ihre Belästiger zeigen sich meist freudestrahlend im Hintergrund oder umarmen sie. Dabei dokumentiert sie eine Vielzahl an Begegnungen, von den klassischen Bauarbeitern hinzu gruseligen Typen, die sie durch die Stadt verfolgen. Darunter hält sie außerdem fest, was die jeweiligen Kerle zu ihr gesagt haben. Der Mann, der sie über zehn Minuten lang verfolgte, rief ihr zu: „Sexy Mädchen, wo gehst du hin? Kann ich mitkommen?“
Häufig wird die 20-Jährige auch direkt nach Sex gefragt. Der folgende Typ ging zum Beispiel davon aus, dass sie gerade geil sei. Bei den Fotos wird übrigens auch deutlich, dass Noa unabhängig von ihrer Kleidung, ihrem Make-up oder ihrer Frisur angemacht wird: Ob im schlabberigen Sweatshirt oder in schicker Bluse, die Belästigungen nehmen keinen Abbruch. Dies beweist auch ein Fotoprojekt, das zeigt, was Frauen jeweils trugen, kurz bevor sie vergewaltigt wurden.
Was #dearcatcallers bezwecken will
Doch inwiefern sollen die Instagram-Posts das Problem der sexuellen Belästigung bekämpfen? Noa hat sich dazu einige Gedanken gemacht und folgendes Statement gepostet:
„#dearcatcallers ist nicht als Kompliment gemeint. Dieser Account soll ein Bewusstsein für die alltägliche Objektifizierung von Frauen schaffen. Da viele Menschen immer noch nicht verstehen, wie häufig und in welcher Weise Catcalling passiert, zeige ich einen Monat lang meine Catcaller. (Anm.: catcalling bezeichnet öffentliche belästigende Zurufe durch Männer) Indem ich ein Selfie schieße, sind sowohl der Objektifizierer als auch das Objekt in einer Komposition angeordnet. Ich, als Objekt, stehe vor den Catcallern, und repräsentiere damit das umgekehrte Machtverhältnis, das durch dieses Projekt geschaffen wird. Bitte schließt euch dem Kampf an und postet eure eigenen #dearcatcallers oder schickt mir eine Privatnachricht.“
Ist das öffentliche Bloßstellen eine gute Strategie?
Nachdem dearcatcallers weltweite Aufmerksamkeit bekommen hat, ruft die 20-Jährige nun also auch andere Frauen auf, ihr zu folgen. Dabei ist sie nicht die Erste, die Aufnahmen nerviger Verhaltensweisen im öffentlichen Raum publik macht. Diese Frau postet zum Beispiel Bilder von Männern, die Manspreading betreiben, also das rücksichtslose breitbeinige Sitzen in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Nicht jedem gefällt jedoch die Strategie, andere Menschen auf diese Weise öffentlich anzuprangern. Noa macht jedoch darauf aufmerksam, dass sie keinen der Männer zu den Fotos nötigt und auch bereitwillig Posts wieder offline nimmt, wenn sie darum gebeten werde. Laut BBC-Interview gehe es ihr nicht darum, die Männer bloßzustellen und ihre Leben zu ruinieren, sondern darum, dass mehr Menschen dieses allgegenwärtige Problem erkennen. In Frankreich könnten derartige Aufnahmen in Zukunft wohl zum echten Problem für Männer werden: Frauen nachzupfeifen und ungewollt anzubaggern soll zu Geldstrafen bis zu 5.000 Euro führen.
Wenn Selfies und Worte nicht reichen...
Leider können Belästigungssituationen schnell brenzlig werden. Wir möchten dir daher unbedingt ans Herz legen, dir die folgenden Selbstverteidigungstipps in unserem Video anzusehen. Wir wollen es zwar nicht hoffen, dass du in so eine Situation gerätst, aber du wirst dich bestimmt sicherer fühlen, wenn du weißt, wie du dich wehren kannst. Mit den richtigen Handgriffen lässt sich so auch ein Angreifer abwehren, der dir körperlich überlegen ist:
Würdest du das nächste Mal, wenn du dumm auf der Straße angegraben wirst, auch dein Smartphone zücken und ein Selfie schießen? Oder hast du in solchen Situationen eine ganz andere Strategie: Grimassen schneiden, Ignorieren, die Laufrichtung ändern? Verrat uns deine Ideen oder deine Erfahrungen in den Kommentaren!
Bildquelle: iStock/Stockbyte